Temperaturkompensation bei DMS-Viertelbrücken-Anwendungen Temperaturkompensation bei DMS-Viertelbrücken | HBM

Klar und verständlich: Temperaturkompensation bei DMS-Viertelbrücken-Anwendungen

Um auch unter sich verändernden Umgebungsbedingungen genaue Messergebnisse zu gewährleisten, muss bei DMS-Viertelbrücken-Anwendungen eine Temperaturkompensation erfolgen. Verschiedene Temperaturfaktoren beeinflussen die physikalische Dehnung auf ihrem Weg zur Digitalisierung, wie:

  • Wechselwirkung der Unterschiede in der temperaturabhängigen Materialausdehnung von Substrat/Grundwerkstoff und dem Werkstoff des DMS-Gitters
  • Ohmscher Widerstand von Anschlussbändchen bzw. Messkabeln
  • Temperaturabhängigkeit des k-Faktors durch Eigenerwärmung des DMS
  • Temperaturabhängigkeit des E-Moduls

 

Diese Temperatureinflüsse können mit Softwarepaketen für Dehnungsmessstreifen-Anwendungen wie catman Easy/AP von HBK korrigiert werden. Wir liefern Ihnen eine klare, kurze und verständliche Verbindung von Theorie und Praxis der Temperaturkompensation bei DMS-Viertelbrücken-Anwendungen.

Dehnungsmessstreifen von HBK werden mit einem Datenblatt geliefert, das alle erforderlichen Parameter enthält, um die Genauigkeit der Messung zu gewährleisten. Das DMS-Datenblatt von HBK hat das folgende Layout und weist die Parameter für die Kompensation in einem Diagramm und einer Formel aus. Anmerkung: In diesem Beispiel werden im Datenblatt zwei Kurven gezeigt. Eine Kurve stellt den Temperaturgang des Dehnungs­mess­streifens selbst dar, während die andere Kurve das Temperaturverhalten des DMS mit 2 Anschlussbändchen darstellt.

Der Temperaturverlauf eines DMS ist abhängig von:

  • den Temperaturausdehnungskoeffizienten des Substrats/Materials
  • dem Temperaturausdehnungskoeffizient (CTE) des Messgitterwerkstoffs
  • dem Temperaturkoeffizienten des elektrischen Widerstandes des Messgitters
  • dem Temperaturkoeffizient des k-Faktors

 

In der Praxis wird die temperaturbedingte Dehnung in einer Temperaturkammer unter genau festgelegten Bedingungen gemessen und die entsprechenden Werte gewonnen. Das Ergebnis dieser Messung spiegelt folgendes wieder:

  • Die Kompensation der Temperaturausdehnung des Substrats/Materials durch die Eigenschaften des Dehnungsmessstreifens
  • Einen Restfehler, der nicht kompensiert werden kann, aber für hochgenaue Messanforderungen korrigiert wird

Der Restfehler kann aus der Messung ermittelt und durch ein Polynom εs dargestellt werden, das im Idealfall unabhängig von der Temperatur immer Null als Ergebnis liefern würde. In der Praxis gibt es aber einen Bereich um die Referenztemperatur, in dem er bei der Herstellung des Dehnungsmessstreifens nahe Null optimiert wird.

 


Anwendungsbeispiel

Wir werden eine Beispielberechnung durchführen, um zu zeigen, wie die Temperaturkompensation in Viertelbrücken unter Berücksichtigung der wichtigsten Einflüsse erfolgen kann. Wir nehmen folgenden Aufbau:

  • Aufnehmer: DMS vom Typ 1-LY11-10/120, installiert auf einem Werkstoff in einer Prüfkammer mit einer Prüfbedingung von 100 °C. Zum Anschluss des Aufnehmers an den Verstärker werden 10-mm-Anschlussbändchen, ein Lötstützpunkt und ein 4-adriges Kabel verwendet.
  • Verstärker: Die Dehnung wird in einer Viertelbrückenkonfiguration vom DAQ-Modul QuantumX MX1615B mit DC- oder Trägerfrequenz-Speisung in Abhängigkeit von der elektromagnetischen Umgebung gemessen.
  • Software: Die auf einem PC installierte oder auf dem Datenrekorder laufende DAQ-Software catman Easy/AP wird verwendet, um die Temperatureinflüsse durch Online-Berechnungen zu korrigieren.

1. Korrektur des Dehnungswertes mit Polynom

Das Polynom für die Temperaturkompensation wird auf jedem Datenblatt angegeben. Das allgemeine Layout ist wie folgt - bitte beachten Sie, dass das Polynom variieren kann:

Polynom für die Temperaturkompensation

 

In catman Easy/AP kann die Temperaturkompensation für den DMS einfach durch Klicken auf „Adaption“ im Menüband der DAQ-Kanäle hinzugenommen werden. Alle Parameter finden Sie in den Datenblättern.

In einigen Fällen enthält das Polynom weitere Faktoren, die bei Temperaturschwankungen das Dehnungssignal beeinflussen:

  • Einfluss der Anschlussbändchen (εl): Im Allgemeinen muss auch der Einfluss der Anschlussbändchen berücksichtigt werden, der jedoch je nach DMS-Typ und Hersteller unterschiedlich sein. Wenn Sie unsere von HBM patentierte 3- oder 4-Leiter-Technik einsetzen, werden alle Kabelwiderstände kompensiert. In einigen Fällen gibt es jedoch einen Restanteil der 2-Leiter-Konfiguration, der nicht automatisch kompensiert werden kann.
  • Messunsicherheit (εu): Die Messunsicherheit ist ein allgemeiner Bestandteil, der bei der Gesamtberechnung berücksichtigt werden sollte. Sogar das Polynom weist einiges an Streuung auf, die zu diesem Teil der Unsicherheit führt.

Das angepasste Polynom sieht wie folgt aus:

Thermisches Polyinom inkl. Einfluss der Anschlussbändchen und der Messunsicherheit

 

Wenn wir uns auf unser Anwendungsbeispiel konzentrieren, erhalten wir:

Thermisches Polyinom inkl. Einfluss der Anschlussbändchen und der Messunsicherheit

 

Nehmen wir an, dass die Temperatur während der Dehnungsmessung konstant bei 100 °C (T = 100 °C) liegt und die Länge der Anschlussbändchen 10 mm (L = 10 mm) beträgt. Bitte beachten Sie, dass die Länge der Anschlussbändchen variieren kann. Betrachtet man das Polynom, zeigt sich, dass die temperaturbedingte Dehnung einen erheblichen Einfluss auf das Ergebnis hat, da sie größer als 100 μm/m ist!

Polynom zur Temperaturkompensation

Zur Berechnung der temperaturbedingten Dehnung setzen wir die Temperatur und die Länge der Anschlussbändchen in das Polynom ein:

Berechnung der temperaturbedingten Dehnung

 

Das Ergebnis passt recht gut zu dem Polynom, das auf dem Datenblatt ausgewiesen ist. Durch Einbeziehung des Polynoms werden die wichtigsten Einflüsse berücksichtigt, während nur sehr lange 2-Leiter-Kabel das Ergebnis zusätzlich beeinflussen können. Da wir die 3- und 4-Leiter-Technik verwenden, die die Auswirkungen des Kabelwiderstands kompensiert, ist dieser Teil der Berechnung nicht relevant!

Die Überlagerung der temperaturbedingten Dehnung auf die gemessene Dehnung ergibt nun den korrigierten Dehnungswert, der nur die mechanische Dehnung berücksichtigt:

Korrigierter Dehnungswert

2. Korrektur des k-Faktors

Die Polynome der meisten Hersteller werden mit einem festen k-Faktor von k = 2 gemessen, jedoch weicht der real gemessene k-Faktor typischerweise ab. Dieser Effekt zeigt sich vor allem bei extremen Bedingungen wie hohen und niedrigen Temperaturen oder hohen Dehnungen. Zur Korrektur der Schwankungen, die die Temperaturkompensation beeinflussen können, sollte der auf dem Datenblatt angegebene k-Faktor berücksichtigt werden.

Vervielfachen Sie daher den Quotienten der auf dem Datenblatt angegebenen k-Faktoren, um die bei dem DMS zu erwartende temperaturbedingte Dehnung zu kompensieren. In diesem Fall haben wir die folgenden k-Faktoren:

Thermal polynomial with gauge factor adjustment

 

Natürlich wird die Korrektur der temperaturbedingten Dehnung nur auf das Polynom angewendet und darf nicht auf zusätzlich beitragende Faktoren wie Messunsicherheit oder den Einfluss der Anschlussbändchen angewendet werden:

Thermische Dehnungskorrektur durch Anpassung des Dehnungsfaktors

 

In diesem Fall haben wir zwei k-Faktoren (kPolynom = 2,0 and kDatenblatt = 2,12). Die Korrektur der temperaturbedingten Dehnung wäre:

Thermische Dehnungskorrektur durch Anpassung des Dehnungsfaktors

Das korrigierte Dehnungssignal würde sich ändern in:

Thermische Dehnungskorrektur durch Anpassung des Dehnungsfaktors

 

Um diese Korrektur in der DAQ-Software catman durchzuführen, muss ein neuer Berechnungskanal erstellt werden, der alle Faktoren berücksichtigt. Ein Berechnungskanal kann durch Klicken auf "Neue Berechnungskanäle" und "Neuen Kanal erstellen" hinzugefügt werden. Das Dehnungssignal kann korrigiert werden, indem das Polynom für die Korrektur der temperaturbedingten Dehnung in "Edit Expression" des neuen Berechnungskanals eingefügt wird. 

3. Abweichender Temperaturkoeffizient des Substratwerkstoffs

In diesem theoretischen Testfall passt der Temperaturkoeffizient des DMS perfekt zum Werkstoff. Dennoch kann es in der Praxis zu leichten Abweichungen zwischen dem Temperaturkoeffizienten des Substratwerkstoffs und dem Temperaturkoeffizienten kommen, an den der DMS angepasst wurde. Eine ungefähre Anpassung zur Korrektur des gemessenen Dehnungswertes wird durch die folgende Formel gegeben. In diesem Fall gehen wir davon aus, dass ein DMS mit Temperaturganganpassung für ferritischen Stahl (10,8 ppm/K) auf Aluminium (23 ppm/K) verwendet wurde: 
Abweichender Temperaturkoeffizient des Substratwerkstoffs

 

Die Temperaturdifferenz muss aus der Referenztemperatur und der Temperatur während des Tests berechnet werden. Die Referenztemperatur ist die Temperatur, auf die sich das DMS-Datenblatt bezieht und für die die Parameter gemessen wurden:

Abweichender Temperaturkoeffizient des Substratwerkstoffs

 

Dies führt zu folgendem Korrekturfaktor:

Abweichender Temperaturkoeffizient des Substratwerkstoffs

Wenn dies für den korrigierten Dehnungswert berücksichtigt wird, ergibt sich die Gesamtgleichung:

Abweichender Temperaturkoeffizient des Substratwerkstoffs

 

Um diese Korrektur in der DAQ-Software catman durchzuführen, muss ein neuer Berechnungskanal erstellt oder ein vorhandener Berechnungskanal angepasst werden. In diesem Anwendungsbeispiel muss der bereits vorhandene Berechnungskanal durch das aktualisierte Polynom zur Korrektur der temperaturbedingten Dehnung angepasst werden. 

4. Temperaturabhängigkeit des k-Faktors (optional)

In Kapitel 2 erfolgte die Dehnungskorrektur über das Polynom und die Anpassung des k-Faktors. Dies ist für die meisten experimentellen Prüfungen ausreichend. Die Dehnungsempfindlichkeit (k-Faktor) weist jedoch außerdem eine über einen weiten Bereich ungefähr lineare Temperaturabhängigkeit auf. Eine Korrektur des k-Faktors kann daher für das nicht korrigierte Dehnungssignal in Betracht kommen (nicht jedoch für das Polynom, da die Temperaturabhängigkeit des k-Faktors im Polynom bereits berücksichtigt ist). Der Temperaturkoeffizient kann je nach Messgitterwerkstoff positiv oder negativ sein (Konstantan oder CrNi (ModCo).

Zur einfachen Berechnung des um Temperatureinflüsse bereinigten k-Faktors sind im HBK-Datenblatt der Temperaturkoeffizient und der erforderliche k-Faktor angegeben (kdata_sheet = 2.12). Bitte prüfen Sie zunächst, ob das lineare Verhalten auch für extreme Temperaturen gilt. In diesem Fall ist der Temperaturkoeffizient des k-Faktors:

Temperaturabhängigkeit des k-Faktors

Die Korrekturformel des k-Faktors lautet wie folgt (T = 100 °C): 
Temperaturabhängigkeit des k-Faktors

 

Es ist offensichtlich, dass dieser Effekt sehr gering ist und bei der Messung möglicherweise nicht berücksichtigt wird, da er vernachlässigbar ist.

Durch Anpassung des bereits vorhandenen Berechnungskanals kann in der DAQ-Software catman die Temperaturabhängigkeit des k-Faktors leicht als Teil der kompletten Formel betrachtet werden.

5. Die finale Formel für die Temperaturkompensation

Unter Berücksichtigung aller in dieser Tech Note beschriebenen Einflüsse lautet die Formel zur Korrektur des Dehnungswertes wie folgt:

6. Glossar

εDehnungssignal ohne Temperaturkorrektur
εsPolynom für die temperaturbedingte Dehnung aus DMS-Datenblatt 
εcDehnungswert einschließlich Temperaturkompensation
εfKorrektur der Abweichung der Temperaturkoeffizienten
αRTemperaturkoeffizient des DMS-Widerstands [1/K]
αSTemperaturkoeffizient des Substrats/der Struktur [1/K]
αMTemperaturkoeffizient des DMS-Metallmessgitters [1/K]
kk-Faktor des Dehnungsmessstreifens
kdata_sheetIm Datenblatt angegebener k-Faktor
kdata_sheet(T)Im Datenblatt angegebener k-Faktor einschließlich Temperaturkorrektur
kpolynomialZur Bestimmung des Polynoms verwendeter k-Faktor (typisch 2,00)
αkTemperaturkoeffizient des k-Faktors
a0a0-Koeffizient des Polynoms
a1a1-Koeffizient des Polynoms
a2a2-Koeffizient des Polynoms
a3a3-Koeffizient des Polynoms
∆TTemperaturdifferenz zwischen der Temperatur während der Dehnungsmessung und 
der im Datenblatt des DMS angegebenen Referenztemperatur
Tref Im Datenblatt des DMS angegebene Referenztemperatur
αsubstrate    Temperaturkoeffizient des Werkstoffs, auf dem der DMS installiert ist
αstrain_gauge Temperaturkoeffizient des DMS

 

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Haftungsausschluss: Die TECH NOTES von HBK bieten neben der üblichen Dokumentation einen schnellen Überblick zu einem bestimmten Thema. TECH NOTES werden kontinuierlich verbessert und ändern sich daher häufig. HBM übernimmt keine Haftung für die Vollständigkeit der Beschreibungen. Wir behalten uns das Recht vor, jederzeit und ohne vorherige Ankündigung Änderungen an den Funktionen und/oder Beschreibungen vorzunehmen.