Wie funktioniert eigentlich ein Drehmomentsensor? Wie funktioniert eigentlich ein Drehmomentsensor? | HBM

Wie funktioniert eigentlich ein Drehmomentaufnehmer?

Drehmomentsensoren gibt es in verschiedenen Ausführungen. Sie alle haben aber ein paar Dinge gemeinsam. Um zu verstehen, wie Drehmomentaufnehmer funktionieren, lohnt ein Blick auf den Aufbau der Sensoren.

Exkurs in die Dehnungsmessstreifentechnik

Drehmomentaufnehmer messen, wie auch viele andere Sensortypen, mithilfe von Dehnungsmessstreifentechnik. Der Sensor besteht aus einem Messkörper – in der Regel aus Metall –, auf dem Dehnungsmessstreifen (kurz: DMS) aufgebracht sind. Diese bestehen aus einer dünnen Folie und einem elektrischen Leiter, der mit der Folie fest verbunden ist. Verformt sich die Folie, und damit der Leiter, ändert sich der elektrische Widerstand. So lässt sich ableiten, welche Belastung gerade auf den DMS wirkt.

Wirkt nun eine äußere Belastung auf den Sensor, verformt sich neben dem Federkörper auch der Dehnungsmessstreifen – und die Messung kann beginnen. Das gilt für Wägezellen, Kraftsensoren und andere Sensortypen genau wie für Drehmomentaufnehmer. Allerdings haben Drehmomentsensoren ein paar Besonderheiten.

Zwei typische Bauweisen von Drehmomentsensoren

Im Gegensatz zu Wägezellen oder Kraftaufnehmern, wird der Messkörper von Drehmomentaufnehmern, wenn er im Einsatz ist, nicht auf Zug oder Druck belastet, sondern auf Torsion. Es wirkt nicht eine Kraft aus einer oder zwei entgegengesetzten Richtungen auf den Sensor, sondern eine Hebelkraft bzw. ein Moment. Daher sind Drehmomentsensoren auch mit speziellen Dehnungsmessstreifen ausgestattet, die diese Art der Belastung, die Torsion, sehr gut erfassen können. Zwei typische Bauarten von Drehmomentaufnehmern sind die Messwelle und der Messflansch.

Drehmomentmesswelle

Die Messwelle besteht aus einem – manchmal auch hohlen – Schaft; hier sind die DMS angebracht. Je nach Ausführung befinden sie sich zum Beispiel auf einer Verjüngung in der Mitte. Die Welle wird von einem Gehäuse umschlossen. Die Welle, der sogenannte Rotor, ist beweglich, das Gehäuse, der Stator, fest. Beide Teile sind über spielfreie und reibungsarme Lager miteinander verbunden. Über die beiden Wellenenden kann der Aufnehmer zum Beispiel über Klemmnaben in die Konstruktion oder den Prüfstand integriert werden. Es gibt sie in unterschiedlichen Bauformen und Größen.

Drehmomentmessflansch

Messflansche sind im Prinzip ähnlich aufgebaut wie Messwellen, sehen aber ganz anders aus. Auch sie bestehen aus einer, wenn auch sehr, sehr kurzen, meist hohlen Welle. An den beiden Enden der Welle befinden sich Flansche. Diese dienen dazu den Aufnehmer über eine Schraubverbindung in die Konstruktion oder den Prüfstand zu integrieren. Auch Messflansche bestehen aus einem Rotor und Stator. Im Gegensatz zu den Messwellen wird der Rotor bei den Messflaschen aber nicht komplett von einem Gehäuse umschlossen. Eine Lagerung wird also nicht benötigt, da der Rotor fest im Messstrang verbaut ist.

Kontaktlose Messdatenübertragung

Hier zeigt sich der größte Unterschied zwischen rotierenden Drehmomentaufnehmern und anderen Sensoren wie z.B. Kraftaufnehmern oder Wägezellen. Die Messdatenübertragung und die Energieversorgung des Rotors bei rotierenden Aufnehmern kann nicht einfach per Kabel übertragen werden, da ein Kabel wegen der Drehung des Rotors sofort aufgewickelt würde. Bei rotierenden Anwendungen wird die Energie kontaktlos vom Stator auf den rotierenden Rotor übertragen, um dort die DMS-Messbrücke zu versorgen. Zum anderen werden vom rotierenden Rotor per Telemetrie die Messdaten auf den Stator übertragen.

In dem rotierenden Messkörper ist eine Elektronik untergebracht. Dort wird das Signal der DMS-Messbrücke verstärkt, gefiltert und digitalisiert, bevor es kontaktlos an den Stator übertragen wird. Je nach Anwendung können die Daten dann per Frequenz- oder Spannungssignal oder digital via Feldbus – z.B. mit EtherCAT oder Profinet – ausgegeben werden.

Rotierende oder nicht-rotierende Drehmomentmessung

Nicht immer dreht sich der Aufnehmer, wenn Drehmoment gemessen wird. Typische Beispiele nicht drehendender Anwendungen sind Kalibrieranlagen und Messaufgaben an Rührwerken. Bei letzterer Anwendung etwa stützt sich der Aufnehmer am Gehäuse des Elektromotors ab und die Antriebswelle wird durch eine Zentralbohrung im Sensor hindurchgeführt.

In den meisten Anwendungen ist der Sensor Bestandteil des sich drehenden Antriebstranges zwischen Prüfling und Lastmaschine. Der Prüfling kann zum Beispiel ein Verbrennungsmotor, ein Getriebe oder Elektromotor sein.

Statische und dynamische Drehmomentmessung

Drehmoment kann statisch oder dynamisch gemessen werden. Als dynamisch bezeichnet man etwa ein pulsierendes Drehmoment, wie es beim Beschleunigen und Abbremsen rotierender Elemente auftritt oder auch durch den Arbeitstakt eines Verbrennungsmotors. Außerdem kann ein dynamisches Drehmoment auch komplett ohne Rotation auftreten. Bei den meisten Anwendungen zum Beispiel im Bereich der Motorenprüfstände (Verbrennungsmaschine oder E-Motor) tritt das dynamische Drehmoment aber in Verbindung mit einer Rotation auf.

Mehr als nur Drehmoment

Drehmomentsensoren können mehr: Neben dem Drehmoment lassen sich mit nur einem Sensor noch weitere Messgrößen erfassen. Das ist optional, aber viele Drehmomentsensoren bringen die Möglichkeiten dafür schon mit. Die naheliegende Größe ist die Drehzahl. Diese kann zum Beispiel erfasst werden, indem Licht durch eine Schlitzscheibe am Rotor gesendet wird. Dreht sich der Sensor, wird der Lichtstrahl in bestimmten Intervallen unterbrochen. Bei einem konstanten Zeitfenster ergibt sich die Drehzahl dann einfach durch das Zählen der Impulse.

Eine wichtige Kennzahl, die viele Anwender interessiert, ist die Leistung, die sich aus Drehmoment und Drehzahl errechnen lässt: Die Werte werden dafür multipliziert.

Außerdem haben viele Drehmomentaufnehmer einen eingebauten Temperaturfühler, der zum Beispiel Aufschluss darüber geben kann, wie stark sich der Sensor bzw. der Antriebsstrang erhitzt.

Typische Anwendungen für Drehmomentaufnehmer

Drehmomentaufnehmer sind wie gemacht für alle Arten von Motoren- und Antriebstests im Bereich Forschung und Entwicklung. Gerade wenn es darum geht, die Effizienz neuer Antriebe zu verbessern, ist eine präzise Drehmomentmessung unerlässlich. Reibungsverluste können so festgestellt und minimiert werden. Bei Elektro- oder Hybridmotoren geht es um Reichweite und Verbesserung des Wirkungsgrades, bei Hybriden und Verbrennern immer auch um Umweltverträglichkeit durch einen möglichst geringen CO2-Ausstoß.

Darüber hinaus kommen Drehmomentsensoren in End-of-Line-Tests zum Einsatz, etwa für Getriebe, Motoren, oder auch bei der Funktionsprüfung von Drehschaltern. Aber es gibt auch Anwendungen, die ganz anders aussehen, zum Beispiel wenn Flüssigkeiten gerührt werden müssen und der Drehmomentaufnehmer diesen Vorgang überwacht. Oder etwa, wenn Drehmomentsensoren im Schiffsantriebsstrang verbaut sind. Außerdem werden die Aufnehmer auch als Referenzaufnehmer in Kalibrieranlagen genutzt.

HBK bietet sowohl Messwellen als auch Messflansche für eine Vielzahl an Anwendungen.