Airbus definiert einen einheitlichen Ansatz für Messungen im Rahmen von Bauteil-Tests Airbus definiert einen einheitlichen Ansatz für Messungen im Rahmen von Bauteil-Tests | HBM

Airbus definiert einen einheitlichen Ansatz für Messungen im Rahmen von Bauteil-Tests

Für Bauingenieure, die moderne Verkehrsflugzeuge entwickeln, ist der Informationsaustausch von höchster Bedeutung, insbesondere wenn sie über verschiedene Länder verteilt sind.

Airbus, Europas führender Flugzeugbauer ist gerade dabei, europaweite Standards für Bauteilprüfungen zu schaffen, um in dieser technisch so anspruchsvollen Branche weiterhin zur Spitze zu gehören. Durch die Schaffung eines einheitlichen, das gesamte Entwicklungsprogramm umfassenden Ansatzes wird Airbus von der verbesserten Zusammenarbeit zwischen Teams von hochqualifizierten Ingenieuren mit Sitz in verschiedenen Ländern profitieren, die eine Plattform für den Daten- und Informationsaustausch erhalten und dadurch ihre Entwicklungsarbeit optimieren können.

Die Entwicklung der Bauteile eines Airbus-Flugzeugs ist über mehrere europäische Länder verteilt. Jeder Standort entwickelt eigenverantwortlich verschiedene Bauteile und interne Komponenten. So werden zum Beispiel in Großbritannien Tragflächen und Fahrwerk gefertigt, in Frankreich werden der vordere Flugzeugrumpf und die Triebwerkspylone entwickelt, in Deutschland Wölbungsklappen, Vorflügel, Rumpfteile sowie das vertikale Leitwerk und in Spanien kümmert man sich um das horizontale Leitwerk. Jede dieser Komponenten durchläuft eine Vielzahl von Prüfungen, die sicherstellen sollen, dass die vorgeschlagene Konstruktion alle relevanten Sicherheitskriterien erfüllt.

Dr. Karlheinz Stupperich, Leiter des Bereichs Structures Test Control Systems & Data Acquisition (Kontrollsysteme & Datenerfassung in der Bauteilprüfung) bei Airbus erklärt: “Der Begriff ‘europaweiter Standard’ meint, dass wir versuchen zu harmonisieren, wo immer dies möglich und unter ökonomischen Gesichtspunkten betrachtet sinnvoll ist. Innerhalb von Airbus Structures Test haben wir uns für das System MGCplus von HBM entschieden, das wir als Standard für die Datenerfassung, für statische und Ermüdungsprüfungen an Bauteilen einsetzen.” Airbus zufolge verbessert die Einführung eines einheitlichen Systems den Informations- und Wissenstransfer zwischen den unterschiedlichen Standorten.

Ziel für Airbus ist nun die Ablösung der bisher verwendeten Systeme durch neue Geräte von HBM. Neben zahlreichen anderen Aspekten zählte für Airbus Structures Test die Zuverlässigkeit der Hardware mit zu den ausschlaggebenden Faktoren.

Dr. Stupperich weist in diesem Zusammenhang besonders auf die 24-Bit A/D-Umsetzer hin, die die Signalauflösung in allen Kanälen deutlich erhöhen. Die Umsetzer integrieren das eingehende Signal, reduzieren Störungen und ermöglichen das Messen mit dem System über den gesamten Bereich des Messverstärkers. Dadurch können die Einstellungen für Tests schneller vorgenommen werden. Sogar bei Signalpegeln von ±160.000 Microstrain, die selbst bei modernen Werkstoffen nur sehr selten auftreten, wird eine Auflösung von mehr als 1 Microstrain erreicht.

Die Geräte von HBM stellen zudem unterschiedliche Messraten zur Verfügung und ermöglichen die Verwendung der Messwerte als Trigger. Dr. Stupperich: „Dadurch können wir die Menge der erfassten Daten reduzieren, da die Daten um den Trigger herum gecached werden können und wir so nur die benötigten Basisinformationen erhalten. Dies ist eine äußerst nützliche Funktion.“

Um den Nutzen des Systems für Airbus weiter zu vergrößern, haben die Ingenieure von HBM, speziell für die Anforderungen von Airbus, in enger Zusammenarbeit eine Reihe von Erweiterungen der Standard-Software entwickelt. Dr. Stupperich: “Wir sind mit dieser Lösung sehr zufrieden, möchten aber noch einige zusätzliche Erweiterungen entwickeln, da wir während der ersten Durchläufe wertvolle Feedback-Informationen erhalten haben.“ In Hamburg werden bei statischen und dynamischen Bauteil-Tests mit mehr als 1.000 Kanälen Daten erfasst. Dafür mussten spezielle Software-Erweiterungen für hohe Kanalzahlen geschrieben werden.

Das HBM-System soll für alle internen Prüfungen bei Airbus Structures Tests eingesetzt werden. Dr. Stupperich berichtet: “Wir sind der Auffassung, dass alle Prüfungen einfacher und kostengünstiger werden, da die Ingenieure sich nur in ein Hardware- und Software-System einarbeiten müssen. Zusätzlich können sie Teile des Systems eines Standorts benutzen, um vorübergehende Engpässe an einem anderen Standort abzudecken.”

In Hamburg werden in drei Hallen unterschiedliche Prüfungen an Flugzeugteilen durchgeführt. In jedem Versuch wird das Flugwerk in hydraulischen Prüfständen Belastungen ausgesetzt, die mit Dehnungsmessstreifen gemessen werden. Die meisten Teile werden am Ende einer Zerstörungsprüfung unterworfen, selbst wenn die Ergebnisse dieser Prüfung die von den Behörden, wie z. B. der Zivilen Luftfahrt-Behörde, vorgegebenen Bestimmungen übertreffen.

Die Prüfungen bei Airbus können je nach geprüftem Bauteil und Ziel der Untersuchung zwischen einer Stunde und drei Jahren dauern. Bei jeder Prüfung werden unterschiedliche Werkstoffe und Konstruktionsweisen betrachtet, um für jedes neue Projekt zu einer optimalen Lösung zu gelangen. Dabei werden die Bauteile bis an ihre Grenzen getestet, um höchste Sicherheit garantieren zu können.

Die Bauteil-Tests umfassen statische, Lebensdauer- und dynamische Prüfungen. Im Werk Hamburg werden dabei normalerweise statische Messungen vorgenommen, bei denen die auf ein Prüfobjekt wirkenden Belastungen schrittweise bis auf ein vorher festgelegtes Niveau erhöht und bei jedem Schritt alle angeschlossenen Kanäle gemessen werden. Gleiches gilt für Lebensdauerprüfungen, wo statische Messungen nach einer Reihe simulierter Flüge vorgenommen werden, um die Auswirkungen auf den Prüfling zu betrachten.

Dauermessungen werden nur in seltenen Fällen durchgeführt. Das System von HBM hat den großen Vorteil, dass Airbus sowohl für statische als auch für einige dynamische Messungen dieselbe Hard- und Software einsetzen kann.

Kommt es zur Zerstörung, muss der Bruchpunkt exakt bestimmt werden. Dr. Stupperich: “Beinahe alles wird bis zum Bruchpunkt belastet, um für das Konstruktionsbüro wichtige Antworten liefern zu können.” Gelegentlich wird ein Teil künstlich zerstört, um die Zerstörungstoleranz festzustellen.

Im Normalfall wird die Last am Bruchpunkt nicht mit einem Messgerät gemessen. Dr. Stupperich: “Wir wissen genau, wann es zum Bruch kommt, denn unser Steuerungssystem registriert dies und fährt den Test herunter. Dauermessungen sind nicht erforderlich, da wir dabei lediglich große Mengen nicht benötigter Daten generieren.” Bei Bruchlast-Tests wirkt eine Kraft auf die Komponente, die 1,5 mal größer ist als die Betriebslast. Die Last wird dann schrittweise vergrößert, wobei bei jedem Schritt gemessen wird, bis der Prüfling zerbricht.

Die Reproduzierbarkeit der Geräteeinstellungen für unterschiedliche Prüfungen zählte mit zu den Hauptanforderungen und war mit entscheidend für die Auswahl des Systems von HBM. Dr. Stupperich: “Es muss eine spezielle Konfiguration für Einstellungen und Erweiterungen geben, mit der verschiedene Versuche mit denselben Parametern reproduzierbar eingerichtet werden können, auch wenn möglicherweise unterschiedliche Geräte eingesetzt werden.”

Bei Airbus mussten Konfiguration und Messdaten zusammen abgelegt werden; das Hauptproblem stellten dabei die neuen Messsysteme dar. Airbus benötigte ein offenes und rekonfigurierbares System, da jeder Versuch anders abläuft. HBM konnte diese Anforderungen erfüllen und erhielt hauptsächlich aus diesem Grund den Zuschlag.

Weiterhin suchte man bei Airbus nach einer Lösung für das Kalibrieren. Im Normalfall werden Geräte, die für Beanspruchungsprüfungen eingesetzt werden, jährlich oder manchmal auch in kürzeren Intervallen zum Kalibrieren an zertifizierte Labors geschickt. Für Prüfzentren, die mit großen Kanalzahlen arbeiten, bedeutet das Einschicken aller Geräte an eine zentrale, mit diesen Aufgaben betraute Stelle, dass der Prüfablauf immer wieder unterbrochen werden muss, was auch zusätzliche Kosten verursacht. Meistens verfügen sie über eigene Kalibrierlabors vor Ort. Zur Lösung dieser Aufgabe hat HBM in enger Zusammenarbeit mit Airbus ein Kalibriergerät entwickelt, das im Laufe des Jahres ausgeliefert werden soll.