Leistungsmessung an einem Pulswechselrichter mit Perception-Software Leistungsmessung an einem Pulswechselrichter mit Perception-Software | HBM

Messung an einem Pulswechselrichter mit Perception-Software

Für die Beurteilung und Prüfung von elektrischen Antrieben in der Industrie sowie bei Hybrid- und Elektrofahrzeugen ist eine genaue und hochdynamische Leistungsmessung erforderlich. Um diese Messergebnisse bewerten zu können, müssen Funktions- und Arbeitsweise der Antriebskomponenten berücksichtigt werden. Deshalb werden zunächst der Aufbau und die Funktionsweise eines Pulswechselrichters beschrieben. Anschließend wird erläutert wie die Leistungsmessung am Pulsstromrichter durchgeführt wird und verschiedene Leistungsgrößen mit der Perception-Software berechnet werden.

1. Einleitung

Elektrische Antriebe bieten vielfältige Möglichkeiten um Straßenfahrzeuge mit regenerativen Energien zu betreiben [1]. Dabei ist das batteriebetriebene Fahrzeug eine einfache und übersichtliche Variante.

Bild 1.1 zeigt den Antriebsstrang eines solchen Elektrofahrzeuges. Die Gleichspannung der Fahrzeugbatterie wird über den dreiphasigen Pulswechselrichter in eine Drehspannung umgeformt und auf einen Drehstrommotor geschaltet. Als Leistungsschalter werden je nach Höhe der Batteriespannung unterschiedliche Leistungshalbleiter eingesetzt. Bei Batteriespannungen unter 100 V werden als Leistungshalbleiter MOSFET (Metal Oxide Semiconductor Field-Effect Transistor) und bei größeren Spannungen werden IGBT (Insulated-Gate Bipolar Transistor) eingesetzt. Als Elektromotoren werden üblicherweise Asynchron- oder Synchronmaschinen verwendet.

Um den Antriebsstrang eines Elektrofahrzeuges testen und optimieren zu können, sind innovative Messgeräte notwendig, die zum einen eine hochgenaue Leistungsmessung und zum anderen die Berechnung von unterschiedlichen Zwischengrößen ermöglichen.

2. Pulswechselrichter

Ein Pulswechselrichter formt aus einer Gleichspannung eine frequenzvariable Spannung. Dabei wird aufgrund seiner Einfachheit häufig der Zweipunkt-Wechselrichter eingesetzt. Das Prinzipschaltbild eines dreisträngigen Zweipunktwechselrichters ist in Bild 1.1 dargestellt. Jeder Strang des Pulswechselrichters besteht aus einer Halbbrücke mit zwei IGBT und den zugehörigen Leistungsdioden. Bei kleineren Batteriespannungen können auch MOSFET eingesetzt werden. Bei Pulswechselrichtern mit MOSFET sind keine zusätzlichen Dioden notwendig, da diese rückwärtsleitend sind.

Mit einer Halbbrücke wird ein Anschlusspunkt der Maschine – je nach Schaltzustand der Transistoren – mit dem Plus- oder dem Minuspol des Zwischenkreises verbunden. Bei dem hier zunächst betrachteten idealen Wechselrichter sollen die Schalter und die Dioden im eingeschalteten Zustand keine Durchlassverluste (u = 0) besitzen und im ausgeschalteten Zustand ideal sperren (i = 0). Weiterhin soll ein Wechsel des Schaltzustands ohne Zeitverzögerung erfolgen.

Die Arbeitsweise eines Zweipunkt-Wechselrichters wird besonders deutlich, wenn der Zeitverlauf der Ausgangsspannung einer Halbbrücke gegen einen „virtuellen“ Mittelspannungsabgriff M im Zwischenkreis betrachtet wird. Die Wechselrichterspannungen eνM  mit (ν = 1, 2, 3) können entsprechend dem zugehörigen Steuersignal bei = 1 den Wert +Ud /2 oder bei Sν = 0 den Spannungswert -Ud /2  annehmen.


(2.01)

Um die Strangspannungen in der Maschine zu berechnen, werden zunächst die Maschengleichungen aufgestellt:
 


(2.02)

Wird die Beziehung u1 + u2 + u3 = 0 berücksichtigt, kann das Nullsystem der Wechselrichterspannungen berechnet werden:   


(2.03)

Ein Zweipunkt-Wechselrichter besitzt nur 2³ =8 verschiedene Spannungszustände. Um dennoch die gewünschten sinusförmigen Spannungen mit einem Pulswechselrichter zu generieren, werden üblicherweise dreiphasige Pulsweitenmodulationsverfahren eingesetzt [2]. Mit diesen Verfahren können als kurzzeitige Mittelwerte die gewünschten Spannungen ausgegeben werden.

Bild 2.1 zeigt, wie die Steuersignale bei einer einfachen Sinusmodulation erzeugt werden. Eine dreiecksförmige Spannung wird mit der gewünschten Sinusspannung verglichen. Ist die Sinusspannung größer als die Dreieckspannung, wird eine positive Spannung ausgegeben. Der Pulswechselrichter schaltet auf eine negative Spannung um, wenn die sinusförmige Spannung kleiner als die Dreieckspannung wird. Die Frequenz der Dreieckspannung entspricht der Schaltfrequenz mit der die Leistungshalbleiter schalten.

3. Leistungsmessung am Pulswechselrichter

Die elektrische Leistung kann nicht direkt gemessen werden, sondern wird aus den Strom- und Spannungsmessgrößen berechnet. Diese Vorgehensweise wurde bereits in [3] detailliert erläutert. Da der Sternpunkt meist nicht zugänglich ist, können die Sternspannungen nicht direkt gemessen werden. Im Folgenden werden die Messmethoden mit künstlichem Sternpunkt und mithilfe der verketteten Spannung erläutert.

3.1 Messungen mit künstlichem Sternpunkt

Wenn der Sternpunkt im Elektromotor nicht zugänglich ist, können die Sternspannungen (u1, u2, u3) nicht direkt gemessen werden. Die Spannungen können jedoch über einen so genannten künstlichen Sternpunkt messbar gemacht werden. Ein künstlicher Sternpunkt besteht, wie in Bild 3.1 dargestellt, aus drei gleichen hochohmigen Widerständen. Mit diesen Sternspannung und den Strömen (i1, i2, i3) kann die abgegebene Augenblicksleistung des Pulswechselrichters berechnet werden. 


(3.01)
 


Bild 3.2: Schema zur Leistungsmessung mit einem künstlichen Sternpunkt

In Bild 3.3 ist das Ergebnis einer Messung mit künstlichem Sternpunkt dargestellt. Hier speist der Pulswechselrichter eine Asynchronmaschine. In allen drei Strängen werden die Ströme und die Spannungen gemessen. Trotz der gepulsten Spannung des Pulswechselrichters ist der Strom noch annähernd sinusförmig. Deshalb wird das Stromsignal verwendet, um die Zykluszeit für die Mittelwertbildung bei der Leistungsmessung zu gewinnen. Durch einen Vergleich der Periodendauer des Strom-signals und der Kurve Cycle i1 ist leicht ersichtlich, ob die Zykluszeit richtig erkannt wurde.

Die Phasenverschiebung von 120° zwischen den drei Strangströmen ist im Diagramm zu sehen. Wie bei Asynchronmaschinen üblich, ist der Strom gegenüber der Spannung nacheilend.

Die gesamte Wirkleistung, die der Pulswechselrichter  abgibt, wird über die Mittelwertbildung der Augenblicksleistung ermittelt. Gleichung 3.02 zeigt die Vorgehensweise in Perception.


Die Blindleistung Q wird für jeden Strang aus  wobei v = 1, 2, 3, berechnet. Aus der Summe der einzelnen Blindleistungen ergibt sich die gesamte Blindleistung. In Perception kann die Blindleistung durch die folgende Gleichung berechnet werden:

(3.02)

Die Scheinleistung S ist das Produkt aus Strom- und Spannungseffektivwert. Dabei werden die Effektivwerte über eine Periode berechnet. Die Periodendauer wird aus dem Stromverlauf i1 mit dem Befehl cycleDetect bestimmt.

Mit den folgenden Gleichungen wird die Berechnung der Scheinleistung in Perception realisiert:


(3.03)(3.04)
(3.05)
  

3.2 Leistungsmessungen mit verketteten Spannungen

Mithilfe der verketteten Spannungen (phase to phase voltages) können die Sternspannungen berechnet werden:


(3.06)

Die Zählrichtung der verketteten Spannung können dem Prinzipschaltbild 3.4 entnommen werden. Die weitere Berechnung der unterschiedlichen Leistungsgrößen erfolgt dann, wie in Abschnitt 3.1 gezeigt, mit den Sternspannungen.

Das Betriebsverhalten eines Elektromotors kann bei der Messung mit künstlichem Sternpunkt leicht interpretiert werden, z. B. ob ein motorischer oder ein generatorischer Arbeitspunkt vorliegt. Weiterhin kann bei der Leistungsmessung mit künstlichem Sternpunkt eine unsymmetrische Leistungsaufnahme einfacher als bei einer Messung über die verketteten Spannungen erkannt werden.

4. Zusammenfassung

In diesem Bericht wurde die Leistungsmessung am Pulsstromrichter erläutert. Dazu wurden zunächst der Aufbau und die Funktionsweise eines Pulsstromrichters erläutert. Die Leistungsmessung wurde unter Verwendung der Sternspannungen, die mithilfe eines künstlichen Sternpunktes gebildet wurden sowie mithilfe der verketteten Spannungen erläutert. Die Leistungsmessung sollte vorzugsweise mithilfe des künstlichen Sternpunktes erfolgen, da hier die Ergebnisse leicht interpretiert werden können. Alle notwendigen Berechnungen wurden in der Perception-Software umgesetzt. Über die Homepage von HBM können Perception-Anwender die verwendeten Datensätze und Formeln herunterladen.

5. Literatur

[1]    D. Eberlein; K. Lang ; J. Teigelkötter ; K. Kowalski: Elektromobilität auf der Überholspur: Effizienzsteigerung für den Antrieb der Zukunft; Tagungsband 3. Tagung Innovation Messtechnik; 14. Mai 2013

[2]    J. Teigelkötter: Energieeffiziente elektrische Antriebe, 1. Auflage, Springer Vieweg Verlag, 2013 

[3]    Berechnung von Leistungsgrößen mit Perception-Software
https://www.hbm.com/de/3783/berechnung-von-leistungsgroessen-mit-perception-software/

[4]    www.hbm.com

Fachartikel als PDF

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