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Universität Gent nutzt GEN5i von HBM zur Messung des Aufpralls bei Vogelschlag

Im Labor des Instituts für angewandte Materialwissenschaft der Universität Gent in Belgien wird Vogelschlag simuliert, um Erkenntnisse über die Folgen des Aufpralls von Vögeln auf Flugzeuge zu gewinnen. Die durchgeführten Kollisionen haben nicht nur die Prüfung von Materialien und Komponenten zum Ziel, sondern auch die Entwicklung von Konstruktionsvorgaben zur Minimierung der Auswirkungen von Vogelschlag. Im Zusammenhang mit der anstehenden Beteiligung des Labors am E-Break-Projekt der Europäischen Kommission wurden die Prüfeinrichtungen jetzt erweitert. Die Universität hat mit dem GEN5i von HBM (mittlerweile ist bereits das Nachfolgemodell GEN7i verfügbar) ein System erworben, das speziell für die Datenerfassung bei extrem hohen Geschwindigkeiten entwickelt wurde und somit das Projekt ideal unterstützt.

„Vogelschlag kann fatale Folgen für Flugzeuge haben“, erklärt Geert Luyckx, der als Supervisor für den Beitrag des Labors zum E-Break-Projekt verantwortlich ist. „Kollisionen mit Vögeln verursachen nicht zwingend viel physischen Schaden, aber selbst ein nur gering gestörtes Gleichgewicht in einem Flugzeugtriebwerk kann letztendlich zu schweren Beschädigungen und zum Ausfall des Triebwerks führen. Die Folgen von Vogelschlag an Flugzeugen zu untersuchen, ist seit vielen Jahren Bestandteil umfangreicher Prüfverfahren.“

Das Institut in genießt bereits einen hervorragenden Ruf für seine Analysen der Folgen von Vogelschlag. 1997 wurde im Zusammenhang mit dem Projekt ‘Experimental Simulation of Bird Strike on Airplane Parts’ (Teil des europäischen Projekts BRITE-EURAM II) ein Prüfstand eingerichtet. In den ersten Simulationen wurden nur Einschläge von Vögeln mit einem Gewicht von 500 g berücksichtigt, die Prüfeinrichtungen wurden für das neue Projekt aber so erweitert, dass jetzt auch der Aufprall von Vögeln mit 1,8 Kilo untersucht werden kann, was dem Gewicht einer Ente entspricht. Es werden aber auch Tests mit Gewichten von 4 Kilo, dem Gewicht einer Gans, durchgeführt. Die Luftfahrtbranche führt Prüfungen mit echten Vogelkörpern durch, das Labor in Gent dagegen arbeitet mit Gelatineblöcken, die in Masse und Verhalten den Vogelkörpern entsprechen. Die Gelatine wird in eine projektilförmige Form gegossen und dann auf den Prüfkörper geschossen. Die Tests sind standardisiert und werden in Übereinstimmung mit den Spezifikationen von Flugzeugherstellern wie Airbus durchgeführt.

Testaufbau: Bei den simulierten Vogelschlägen werden zahlreiche Messgrößen ermittelt

„Der Testaufbau im Labor ist recht einfach“, erklärt Frederik Allaeys, der für die Durchführung der Prüfungen verantwortlich ist. „Der projektilförmige Vogel wird in eine Röhre geladen und mit einem Druck von 30 bis 40 bar herausgeschossen, was eine Geschwindigkeit von 200 bis 250 Metern pro Sekunde ergibt. Am Ende der Röhre befindet sich eine Metallkammer mit dem zu prüfenden Teil. Dabei kann es sich um vollständige Komponenten, Turbinenschaufeln oder Platten aus neuen Materialtypen handeln. In der Kammer herrscht Unterdruck, um den Luftwiderstand und die Auswirkungen der Druckwelle auf die Messung zu minimieren. Vor dem Eintritt in die Kammer passiert der Vogel einen Abstreifer, der die Ummantelung vom Gelatineblock entfernt.“

Bei diesen simulierten Vogelschlägen kann eine ganze Reihe von Messgrößen ermittelt werden: die Geschwindigkeit und Beschleunigung des Vogels, der Druck, die Verdrängung, die Vibration und die Auswirkung des Aufschlags und gegebenenfalls die Ausbeulung und Verformung der Materialien. Der gesamte Test wird auf Video aufgezeichnet. Die Vorbereitung eines Tests dauert ungefähr einen Tag und kostet pro Durchführung ca. 1500 Euro. Alle Tests werden zur Validierung der Ergebnisse zweimal durchgeführt. Für den Verlauf eines Tests ist es sehr wichtig, dass er präzise aufgezeichnet und analysiert wird – was bei einem Ereignis, das nur ungefähr zwei Sekunden dauert, sehr schwierig ist. Dafür brauchte die Universität ein Datenerfassungssystem, das nicht nur simultan Daten mehrerer Messkanäle erfassen und verarbeiten kann, sondern auch in der Lage ist, diese Aufgaben mit sehr hoher Geschwindigkeit auszuführen. Bei diesen Tests ist der Auslöser von allerhöchster Bedeutung, damit alle Aufzeichnungen gleichzeitig und punktgenau starten.

GEN5i: Datenerfassung in Höchstgeschwindigkeit

Die Universität Gent hat für das Projekt ein GEN5i-Datenerfassungssystem von HBM erworben, das laut Frederik Allaeys vor allem aufgrund seines modularen Aufbaus ausgewählt wurde, der es ermöglicht, problemlos Karten für unterschiedliche Anwendungen hinzuzufügen. Das GEN5i ist ein umfassendes, tragbares Datenerfassungssystem, das speziell für die Hochgeschwindigkeits-Datenerfassung mit Abtastraten von bis zu 100 Mega-Samples pro Sekunde entwickelt wurde. Das System kann auf maximal 160 gleichzeitige Messkanäle erweitert werden und ist daher für sehr komplexe Testaufbauten geeignet. Das Labor in Gent arbeitet mit durchschnittlich zehn bis fünfzehn Kanälen und Abtastraten von bis zu 25 MS/s.

Das Datenerfassungssystem GEN5i ist ein kompletter Computer mit einer integrierten Festplatte zur Speicherung der Daten. Diese Daten können zur weiteren Analyse über Standard-Schnittstellen wie WLAN, Gigabit Ethernet oder USB versendet werden. In der Standardkonfiguration enthält das Datenerfassungssystem außerdem verschiedene Filter sowie die Perception-Software von HBM, mit der die enormen Mengen an Messdaten verarbeitet, analysiert und auf dem Bildschirm visualisiert werden. Beim GEN5i handelt es sich um einen Transientenrekorder, der extrem schnelle und nur einmalig Mal auftretende Signale aufzeichnet. Dieser Typ von Signalen ist häufig kennzeichnend für zerstörende Materialtests, Brandprüfungen und Hochspannungsereignisse. Der Datenrekorder kann dank seiner einfachen Benutzeroberfläche und der HBM-eigenen Software sehr schnell konfiguriert und gestartet werden.

Vogelschlag-Analyse als Teil des 'E-Break-Projekts'

Mit dem speziell konfigurierten Messaufbau im Labor des Instituts für angewandte Materialwissenschaft leistet die Universität Gent einen wertvollen Beitrag zum E-Break-Projekt, das von Oktober 2012 bis einschließlich September 2016 läuft und von der Europäischen Kommission finanziert wird. „E-Break hat zum Ziel, die Emissionen und die Lärmbelastung durch den Luftverkehr einzuschränken“, erläutert Frederik Allaeys. „Die Hersteller von Flugzeugtriebwerken bemühen sich darum, die Effizienz ihrer Triebwerke zu optimieren, um die Emissionen an CO2 und NOX zu minimieren sowie den Kraftstoffverbrauch und die Wartungskosten zu verringern.

Diese Bemühungen haben zur Entwicklung von Hochdrucktriebwerken geführt, die um erstaunliche 50 % kleiner sind, aber auch erheblich schneller rotieren und viel höhere Temperaturen entwickeln. Dies wirkt sich auf die Triebwerkkonstruktion und die verwendeten Materialien aus, denn die Triebwerke müssen extrem stabil sein, dürfen aber nicht schwerer sein. Um diese Vorgaben zu erfüllen, wurden neue Verbundmaterialien und Titan-Aluminium-Legierungen eingeführt. Die Technologien, Materialien und Komponenten, die für die Entwicklung dieses neuen Triebwerkstyps von entscheidender Bedeutung sind, werden im Rahmen des E-Break-Projekts getestet. Vogelschlag ist zwar nur ein kleiner Teil des Projekts, wird aber wesentliche Informationen für die Konstruktion und die Sicherheit der neuen Triebwerksgeneration und ihrer Komponenten liefern.“