FZK: Wellenbelastung an Offshore-Windkraftanlagen FZK: Wellenbelastung an Offshore-Windkraftanlagen | HBM

Wenn die Welle auf Windkraft trifft

HBM Kraftaufnehmer S9M erfasst Wellenbelastung von Fachwerkstrukturen an Offshore-Windkraftanlagen

Wenn Wellen an Offshore-Windenergieanlagen brechen, entstehen Druckschläge, die die Gründungsstrukturen der Anlagen im Flachwasser belasten können. Um die Bemessungsmethoden für Fachwerkstrukturen, auch Jacket-Strukturen genannt, in solchen Situationen zu verbessern, wurden im Großen Wellenkanal des Forschungszentrums Küste (FZK) in Hannover physikalische Modelluntersuchungen durchgeführt. Dabei lieferte der Kraftaufnehmer S9M von HBM entscheidende Erkenntnisse.

Belastungstest in einem der größten Wellenkanäle der Welt

Insbesondere Druckschläge durch sogenannte Sturzbrecher sind kritisch zu betrachten. Zwar gibt es analytische Modelle, welche die Belastung durch Sturzbrecher auf einzelne runde Pfähle beschreiben. Im Fall von Jacket-Strukturen – wie sie an Offshore-Windenergieanlagen vorkommen – sind solche Ansätze jedoch nur sehr eingeschränkt geeignet. Schließlich sind die hydraulischen Verhältnisse bei solchen Strukturen ungleich komplizierter.

Um die Bemessungsmethoden für Fachwerke zu verbessern, die durch Druckschläge belastet werden, wurden im Rahmen des EU-Forschungsprogramms HYDRALAB IV im Großen Wellenkanal des Forschungszentrums Küste (FZK) physikalische Modelluntersuchungen in einem großen Modellmaßstab durchgeführt. In Auftrag gegeben wurden die Untersuchungen durch die Norwegische Universität für Wissenschaft und Technik (NTNU) in Trondheim sowie die Stavanger Universität (UiS).

Mit einer Länge von 320 m, einer Breite von 5 m und einer Tiefe von 7 m zählt der Große Wellenkanal des FZK zu den größten der Welt. Um die 800 kW Leistung des Wellengenerators optimal auszunutzen, wurde der Modellmaßstab auf 1:8 festgelegt. Über zwei Meter waren die Wellen hoch, die bei diesem Maßstab auf die Struktur einwirkten. Die Stäbe des Fachwerks bestanden aus Stahlrohren mit 14 cm Durchmesser, die Gesamtstruktur hatte die Abmessung 2,4 x 2,4 x 4,9 m.

Alle Belastungen messtechnisch erfasst

Um die hydraulischen Prozesse und die Auswirkungen auf die gewählte Jacket-Struktur messtechnisch zu erfassen, wurden der Wellenkanal und die Struktur selbst mit einer Vielzahl unterschiedlicher Aufnehmer versehen:

  • Wellenpegel und Strömungssensoren lieferten die Wasserspiegelauslenkung und die Strömungsverhältnisse vor und am Bauwerk.
  • Mit Kraftaufnehmern und Beschleunigungssensoren wurde die Reaktion der Fachwerkstruktur auf die Wellenbelastung gemessen.
  • Ein mit der Messwerterfassung synchronisiertes Videosystem lieferte detaillierte visuelle Informationen über die Art der brechenden Wellen und den Wellenauflauf am Bauwerk.

Kraftmessung – die größte Herausforderung

Eine besondere Herausforderung stellten die unterschiedlichen Kraftmessungen an dem Bauwerk dar. Zum einen galt es, die Lastverteilung an ausgewählten Fachwerkstäben zu bestimmen. Zum anderen sollte die Gesamtkraft auf einzelne Stäbe und die auf das Gesamtbauwerk wirkende Kraft zuverlässig ermittelt werden.

Da die Kraftaufnehmer zeitweise oder auch dauerhaft untergetaucht waren, wurden HBM Kraftaufnehmer des Typs S9M mit der Schutzart IP 68 zur Ermittlung der Lastverteilung eingesetzt. Bis zu vier Kraftaufnehmer wurden in aus massivem Aluminium gefrästen Einzelstäben untergebracht. An jedem dieser Kraftaufnehmer war ein 5 cm breiter Ring des Fachwerkstabes befestigt, auf den die lotrechte Wellenbelastung gemessen wurde. Mithilfe dieser vier Einzelmessungen konnte dann auf die Lastverteilung an einem Stab geschlossen werden.

Vier Kraftaufnehmer desselben Typs wurden für die Bestimmung der resultierenden horizontalen Gesamtkraft auf das Bauwerk eingesetzt. Um Kraftnebenschlüsse zu vermeiden, wurde das gesamte Fachwerk gelenkig an Pendelstützen befestigt, wobei die vier Pendelstützen in Richtung des Wellenangriffs mit den Kraftaufnehmern versehen wurden.

Für die Messung der resultierenden Kräfte auf sechs ausgewählte Fachwerkstäbe entwickelte HBM Zweikomponentenaufnehmer. Die sechs Stäbe wurden über jeweils zwei Kraftaufnehmer in die Jacket-Struktur eingebunden. Aufgrund des vorgegebenen Durchmessers der Fachwerkrohre (14 cm) und der zu erwartenden großen Kräfte (Nennquerkraft des Aufnehmers 20 kN) musste ein sehr kompaktes Design entwickelt werden. Um eine Beanspruchung der Kraftaufnehmer durch Biegemomente zu vermeiden, wurden diese mit eigens entwickelten Kugelgelenken am Fachwerk befestigt.