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Effizientere Geräuschanalyse mit moderner Messtechnik

Geräuschen nützliche Informationen entlocken

Zu verstehen, welche Quellen und Ursachen Geräusche bei untersuchten Maschinen oder Systemkomponenten haben, wird zum immer wichtigeren Thema bei Entwicklungs-, Erforschungs- und Erprobungsprozessen sowie bei Service- und Wartungsarbeiten, denn die akustischen Eigenschaften sind nicht nur „zusätzliche“ physikalische Größen, sondern bei Betrachtung des gesamten Produktlebenszyklus oft von entscheidender Bedeutung für den Komfort, für den Arbeits- und Gesundheitsschutz und für das Image einer Marke.

In der Vergangenheit mussten die Experten zusätzliche Werkzeuge zur Messung der akustischen Eigenschaften einsetzen, und das bedeutete mühevolle Arbeit mit verschiedenen Geräten, Benutzeroberflächen, Herangehensweisen und Datenformaten. Heute bieten Messwerkzeuge wie HBMs QuantumX und Datenerfassungslösungen wie catman®AP Möglichkeiten zur detaillierten Messung und Analyse akustischer Eigenschaften – neben den ohnehin vorhandenen Möglichkeiten zur Datenerfassung mechanischer, thermischer, elektrischer und digitaler Bus-Signale wie z. B. CAN-, GPS- und Video-Signale. Zur expliziten Messung akustischer Daten können sich Techniker solcher Funktionen bedienen wie der Schallpegelanalyse in dB(A) mit psychoakustischer Bewertung in Hinsicht auf Lautstärke sowie einer Frequenzanalyse im 2-D-Spektrogramm.

Mit diesen Mehrzweck-Messwerkzeugen können die Experten Datenerfassungs- und Analyseaufgaben schnell und einfach mithilfe einiger weniger Klicks durchführen und alle Daten in einer einzigen Datei speichern. Dieser Ansatz ermöglicht nicht nur eine effektivere Messung von Ereignissen, sondern vereinfacht und beschleunigt auch den Vergleich mit früheren Messergebnissen bei Trendanalysen. Und nicht zuletzt bieten diese Werkzeuge eine sehr kompakte, mobile Lösung, wie sie für viele Service- und Wartungsaufgaben benötigt wird.

Akustik und Schwingungstechnik

Im Automobilbereich werden die hörbaren Geräusche und wahrnehmbaren Schwingungen von Fahrzeugen oder Maschinen üblicherweise mit den Begriffen Noise, Vibration and Harshness oder kurz NVH bezeichnet. Mit Harshness wird der subjektive Übergangsbereich zwischen 20 und 100 Hz bezeichnet, der sowohl hörbar als auch spürbar ist. Die Messgröße Vibration entsteht aus der Kraft, die von einer Schwingungsquelle in schwingungsübertragende Strukturen eingeleitet wird, zum Beispiel bei der Entstehung von Stick-Slip-Effekten. Typische Beispiele für NVH sind das Rattern von Scheibenwischern, das Heulen des Getriebes, das Schlagen der Kupplung oder lautstarke Klimaanlagen.

NVH entsteht entweder durch Seiteneffekte erwünschter Reibung oder ist ein unerwünschtes Ergebnis der Reibung zwischen Festkörpern und setzt zunächst Körperschall und letztendlich hörbaren Luftschall frei. In einem auf allen Seiten ungehinderten Festkörper breiten sich zwei verschiedene Typen von Körperschallwellen aus, Longitudinalwellen und Transversalwellen. Diese Wellen setzen sich unabhängig voneinander fort. In beiden Fällen ist die Schallgeschwindigkeit – wie beim Luftschall – unabhängig von der Frequenz. Die Schallgeschwindigkeit wird beeinflusst von der Dichte, dem Schubmodul (Transversalwellen) und dem Elastizitätsmodul (Longitudinalwellen).

Die Aufzeichnung und Auswertung von Körperschall spielt im Ingenieurwesen eine wesentliche Rolle. Bei der Entwicklung mechanischer Systeme kann die Geräuschanalyse bei der Prüfung der Funktionen, des Anlaufs, der Leistung, der Betriebsfestigkeit und sogar der Lebensdauer helfen. In der Produktion kann die Geräuschanalyse die Qualitätsprüfungsabläufe verbessern, da sie sicherstellen kann, dass bei der Integration von Teilen in die Innenausstattung, die Lenkung und andere Elemente von Automobilen die akustischen Vorgaben und Grenzwerte eingehalten werden. Über den Produktlebenszyklus hinweg liefern Geräuschmessungen entscheidende Informationen für die kontinuierliche Analyse langfristiger Status- und Diagnosedaten – ob bei Routineprüfungen, bei Fehleruntersuchungen, bei der Fehlerbehebung, bei der Kalibrierung oder der Einstellung. Fachleute können die Geräuscheigenschaften von Systemen und auch den technischen Zustand einer Maschine mithilfe akustischer Eigenschaften auf Probleme wie z. B. Lagerverschleiß analysieren oder Daten im Zusammenhang mit der Ausbildung von Rissen und Materialdefekten aufzeichnen.

Die Natur von Geräuschen

Bei NVH geht es darum, Schwingungen oberhalb der sogenannten Unbehaglichkeitsschwelle zu verhindern. In der Akustik wird die Unbehaglichkeit von Geräuschen mit vielen verschiedenen Eigenschaften der Schallquelle in Beziehung gesetzt, unter anderem dem Schalldruckpegel. Zum Beispiel kann das Geräusch eines Düsenflugzeugs, eines Rockkonzerts oder eines schweren LKWs einfach aufgrund der hohen Lautstärke unangenehm sein.

Anders als bei Geräuschquellen mit hoher Lautstärke kann das Verhältnis zwischen den Eigenschaften einer Geräuschquelle und der Wahrnehmung dieses Geräuschs sehr komplex sein. Das menschliche Gehör nimmt Schall unterschiedlicher Frequenzen als mehr oder weniger laut wahr. Der Schalldruckpegel bzw. Lärmpegel ist eine psychoakustische Größe. Bei der Messung werden Geräuschsignale so gefiltert, dass die Eigenschaften des menschlichen Gehörs nachgebildet werden, dessen Kurve nach einer Spitzenempfindlichkeit bei rund 2 kHz bis 4 kHz deutlich abfällt. Die Wichtungskurven dieser Filter sind standardisiert.

Dabei spricht man vom sogenannten A-bewerteten Schalldruckpegel, kurz dB(A). Null dB(A) entspricht der menschlichen Hörschwelle. Die Filterkurve zur A-Bewertung ist von 20 Hz bis 20 kHz definiert, wodurch die angenäherte Nachbildung einer Lautstärke von 40 dB der „Kurven gleichen Lautstärkepegels“ für niedrige Frequenzen erreicht werden soll. Die Schmerzschwelle des menschlichen Gehörs liegt bei ziemlich exakt 130 dB(A). Der Schalldruck lässt sich mithilfe der Berechnungskanäle hochwertiger akustischer Messgeräte sehr einfach in den Schalldruckpegel (SPL) konvertieren.

Geräuschmessung

Allgemeine Geräuschmessungen nehmen ihren Ausgang üblicherweise bei einem hochwertigen Mikrofon. Wenn wir das Microtech Gefell Messmikrofon M370 als Beispiel nehmen, dann enthält dieses Mikrofon mit integriertem Wandler einen Elektret-Druckempfänger mit Kugelcharakteristik. Der Konstantstrom aus dem Verstärker QuantumX MX410B versorgt das Mikrofon und der gemessene Schalldruck wird in ein Spannungssignal (IEPE) moduliert. Der messbare Frequenzbereich liegt zwischen 20 und 20.000 Hz (Klasse 1, Einsatz im Freien). Der maximale Schalldruckpegel liegt bei 130 dB(A).

 

Für die eigentliche Signalerfassung und -verarbeitung bieten Geräte wie HBMs QuantumX und die Software catman®AP eine umfassende Plattform für die Signalverarbeitung akustischer Signale. QuantumX ist eine modulare Datenerfassungslösung, mit der Daten von 0,1 bis 100 kS/s gleichzeitig von mehreren Aufnehmern und Wandlern erfasst werden können, wobei Messgrößen wie Kraft, Dehnung, Drehmoment, Druck, Temperatur, Messweg, Geschwindigkeit, Position, Beschleunigung, Durchfluss, Spannung, Strom und Schall sowie viele weitere Kennlinien aufgezeichnet werden. Über ihre Datenerfassungsfunktionen hinaus bietet die Software catman®AP eine integrierte Mathematik-Bibliothek für Online- und Post-Processing-Berechnungen. Die mathematischen Funktionen erstrecken sich von einfachen algebraischen Berechnungen, Filtern, Statistiken und Klassifizierungen wie Rainflow oder Zeitverweildauer über Spektralanalyse bis zur Berechnung der elektrischen Leistung und des Wirkungsgrads durch einfache Parametrisierung.

Mit den Mess- und Analyse-Werkzeugen QuantumX/catman®AP können Techniker alle physikalischen Größen der zu untersuchenden Systeme oder Produkte – einschließlich Schall – analysieren, ob im Maschinenbau, für Prüfungen, für die Produktion oder für Wartungszwecke.

Anforderungen an die Geräuschanalyse

Um die zugrunde liegenden Ursachen von Geräuschen zu ermitteln, nutzen die Techniker verschiedene wichtige Analysefunktionen, mit denen sie ein deutliches Bild des Systems bei der Prüfung bekommen, einschließlich der Geräuschwerte. Einige der am häufigsten verwendeten Funktionen sind:

  • Darstellung über die Zeit, Frequenz, Winkel und weitere Größen wie Messweg oder Drehzahl (Tachometer)
  • Darstellung in einem Farbspektrogramm als spektrale Leistungsdichte (PSD)
  • Gesamt-Schallpegelcharakteristik in dB(A)
  • Bandbegrenzte Schallpegelcharakteristik in dB(A)

Die Analyse eines Signals im Frequenzbereich zeigt nicht, wie sich der Frequenzinhalt eines Signals über die Zeit entwickelt. Für diese Aufgabe stellen Funktionen wie zum Beispiel das Spektrogramm in catman® das benötigte Ergebnis bereit. Das Spektrogramm zeigt direkt eine kombinierte Zeit- und Frequenzanalyse (JTFA), indem die in einem Signal enthaltenen Frequenzen mit den zugehörigen farbcodierten Amplituden über die Zeit berechnet werden. Die catman®-Software arbeitet mit der sogenannten Kurzzeit-Fourier-Transformation (STFT) zur Berechnung der JTFA und wendet wiederholt eine Schnelle Fourier-Transformation (FFT) auf kurze Segmente eines Signals über die Zeit an. Letztendlich zeigt die JTFA eines Spektrogramms mehr Einzelheiten als eine Standard-FFT, nämlich die Entwicklung des Frequenzgehalts (Y-Achse) über die Zeit (X-Achse), abgebildet in einer sogenannten 2-D-1/2-Visualisierung, in der die Amplitude bzw. Energie in einen Farbcode überführt wird.

Die JTFA basiert auf Parametern wie der Anzahl der Messwerte, die zur Berechnung des Spektrums verwendet werden. Als Daumenregel für diese Messungen gilt: Je mehr Messwerte in die FFT eingeschlossen werden, desto genauer ist die Auflösung im Frequenzbereich. Ein weiterer Parameter ist die Fensterfunktion, die bestimmt, welche Gewichtung für die Werte angewendet wird, die aus der Abtastung eines Signals innerhalb eines Segments (Fensters) abgeleitet werden, wenn diese Werte in der Berechnung genutzt werden. Falls mehrere Kanäle auf das Diagramm angewendet werden, können die Spektren der Kanäle ebenfalls als Vektorsumme dargestellt werden.