Erstellung von Wirkungsgrad- und Verlustkennfeldern für Wechselstrommotoren mit dem Datenrekorder GEN3i Erstellung von Wirkungsgrad- und Verlustkennfeldern für Wechselstrommotoren mit dem Datenrekorder GEN3i | HBM

Beschreibung des Prüfstands

Der für die Erstellung von Wirkungsgrad- und Verlustkennfeldern verwendete Prüfstand wird in Abb. 1 gezeigt. Der Prüfstand besteht aus den folgenden Hauptkomponenten:

  • Der zu prüfende Motor (Motor under Test, MUT) ist ein Motor mit vergrabenem Permanentmagnet (Internal Permanent Magnet, IPM).
  • Die Motorsteuerung ist eine dSpace-Karte mit einer dedizierten Analog/Digital-Schnittstelle.
  • Der Antriebsmotor (Driving Motor, DM) ist ein drehzahlgeregelter Motor mit Permanentmagnet (PM), der von einem bidirektionalen Stromrichter gespeist wird, dessen Drehzahl- Bezugswert von der dSpace-Karte mithilfe eines Analogausgangs des dSpace-A/D (Analog/Digital)-Wandlers bereitgestellt wird. Eine weitere Lösung besteht darin, eine CAN- oder RS422-Schnittstelle zu verwenden, was auch von der Kommunikationsfähigkeit des Stromrichters abhängt, über den der DM versorgt wird.
  • Das Drehmoment wird mit dem Drehmomentaufnehmer T40 von HBM (Abb. 2) gemessen, der sowohl das Drehmoment als auch die Position der Welle mit einer Auflösung von 1024 Impulsen/Umdrehung (Geberausgänge) liefert. Der Drehmomentaufnehmer wird als mechanische Kupplung zwischen die MUT-Welle und die DM-Welle eingebaut. Die Daten werden über einen rotierenden Transformator an das Messsystem übertragen.
  • Die Phasenströme werden mit hochgenauen, externen LEM-Sensoren (Abb. 3) gemessen, die über eine Stromsensor-Box gespeist werden; diese verwaltet die Stromsensoren und erzeugt die Ausgänge, die vom HBM-Datenrekorder mit den Hochgeschwindigkeits-Erfassungskanälen mit einer Abtastrate von 2 MS/s erfasst werden. Die Spannungsabfälle an den LEM-Shunts werden über BNC-Kabel an den GEN3i gesendet.
  • Die Außenleiterspannungen des MUT werden vom Rekorder GEN3i über die Hochspannungs-/Hochgeschwindigkeits-Erfassungskanäle direkt mit einer Abtastrate von 2 MS/s gemessen. Auf diese Weise entsprechen die erfassten Spannungen den tatsächlichen PWM-Impulsen, die auf die Maschine angewendet werden.
  • Neben der vom Drehmomentaufnehmer T40 gelieferten Läuferposition misst der GEN3i die Läuferposition auch mit einem Inkrementalgeber (Enc), der auch von der Motorsteuerung verwendet wird (wie in Abb. 1 gezeigt). Eine externe Signalverteilerkarte empfängt die Geberimpulse vom Geber und sendet sie mit galvanischer Trennung an die Motorsteuerung und an den GEN3i.
  • Die Motortemperatur wird mit drei Thermoelementen gemessen. Die Thermoelemente werden von programmierbaren Trennverstärkern (Abb. 4) gelesen, deren Ausgänge mit einer mit niedriger Geschwindigkeit arbeitenden Erfassungskarte des GEN3i erfasst werden.

Abb. 5 zeigt den MUT und den DM, während Abb. 6 eine Gesamtansicht des kompletten Prüfstands, einschließlich des Datenrekorders GEN3i von HBM, zeigt.


Vorgehensweise zum Ermitteln von Wirkungsgrad- und Verlustkennfeldern

Der Grundgedanke besteht darin, alle Segmente der Drehmoment-Drehzahl-Ebene zu durchlaufen und so ein Raster von Referenz-Arbeitspunkten zu erstellen, wie in Abb. 7 gezeigt.

Die Drehzahl wird zwischen einem Minimalwert (ωmin) und einem Maximalwert (ωmax) geändert. Der Drehzahlbereich (ωmaxmin) wird in gleiche Intervalle der Länge Δω unterteilt, die so gewählt wird, dass man eine sinnvolle Anzahl von Punkten n (10 bis 20) erhält. Für jede Drehzahl wird das Drehmoment zwischen einem Minimalwert (Tmin) und einem Maximalwert (Tmax) in Schritten von ΔT geändert, die so gewählt werden, dass man eine sinnvolle Anzahl von Punkten m (10 bis 20). erhält. Daraus folgt, dass das Raster in der Drehmoment-Drehzahl-Ebene N = n x m Punkte enthält.

Der DM ist drehzahlgeregelt und liefert die Drehzahl für einen Arbeitspunkt, der MUT wird dagegen über das Drehmoment geregelt. Für jede Betriebsdrehzahl wird das Drehmoment in Schritten von ΔT zwischen Tmin und Tmax geändert, wie in Abb. 8 gezeigt.

Wie in Abb. 8 gezeigt, entspricht ein Arbeitspunkt einem Zeitraum von 3 Sekunden. Die Motorsteuerung erzeugt ein TTL-kompatibles Triggersignal für den HBM-Datenrekorder, der 1 Sekunde lang Daten speichert, wenn ein Trigger mit steigender Flanke erkannt wird. Je nach gewählter Anzahl der Arbeitspunkte dauert das gesamte Verfahren ca. 10 bis 20 Minuten.


Berechnungen nach dem Test

Während der Prüfung speichert der GEN3i eine große Datendatei, die sich problemlos in N Datendateien aufteilen lässt, wobei eine Datei einem Trigger entspricht, d. h. einem Arbeitspunkt in der Drehmoment-Drehzahl-Ebene. Für jeden Arbeitspunkt führt der GEN3i die folgenden Berechnungen durch:

Elektrische Eingangsleistung

(1)      

Darin sind vαβ und iαβ die Spannungs- bzw. die Stromkomponente (α,β) im stationären Koordinatensystem, T ist der aus dem elektrischen Winkel erhaltene elektrische Zyklus (Periode).

An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass auf die erfassten Spannungen und Ströme keine Filter angewendet werden.

Kupferverluste (Joulsche Verluste)

(2)      

Der mittlere Ständerwiderstand  Rs,avg wird berechnet als

(3)      

Darin ist Rs,base (Ω) der Ständerwiderstand bei Basistemperatur (beispielsweise θbase=20 °C) und  ist die mittlere Ständertemperatur, berechnet als arithmetisches Mittel der k gemessenen Ständertemperaturen.

Der mittlere Widerstand kann zur Berücksichtigung von Stromverdrängung (Skin-Effekt) korrigiert werden.

Mechanische Leistung der Welle

(4)      

Darin ist Tm das gemessene Drehmoment und ωm ist die gemessene Drehzahl.

Eisen- und mechanische Verluste

(5)      

Eisenverluste

(6)      

Darin sind PMec die mechanischen Verluste, die von der Drehzahl abhängen und die vorab bekannt sein müssen.

Um jeden Einfluss des sowohl vom DM als auch vom MUT erzeugten Pendelmoments (mit Auswirkungen auf die Drehzahl) zu vermeiden, werden alle Leistungswerte als Mittelwerte gespeichert, die über ein Zeitintervall berechnet werden, das eine Vielzahl mechanischer Umdrehungen enthält.

Dem Eisenverlust und dem Gesamtverlust (Eisen + Mechanik) entsprechendes Drehmoment

(7)       

         

Das mit (7) berechnete Drehmoment sollte gleich der Differenz zwischen dem (von der Motorsteuerung) geschätzten Drehmoment und dem tatsächlichen Drehmoment der Welle sein. Die mit (7) berechneten Drehmomentwerte werden vom GEN3i als arithmetische Mittelwerte über eine ganzzahlige Anzahl mechanischer Umdrehungen bereitgestellt.

MUT-Wirkungsgrad und Wirkungsgrad des Wechselrichters

(8)      

Der Wirkungsgrad des Wechselrichters kann nur ermittelt werden, wenn die DC-Zwischenkreisspannung und der DC-Zwischenkreisstrom gemessen werden. In diesem Fall ist der Wirkungsgrad des Wechselrichters

(9)      

Darin ist  die Eingangsleistung des Wechselrichters, die zur Eliminierung aller Pendeleffekte bei DC-Zwischenkreisspannung und -strom gemittelt werden muss.

Neben den Kennfeldern von Wirkungsgrad und Verlust berechnet und speichert der GEN3i die folgenden Größen, die für die Auswertung des MUT-Betriebs äußerst nützlich sind:

(A) Flussverkettungen im läuferbezogenen (d,q)-Koordinatensystem

Die Flussverkettungen werden zunächst im stationären (d,q)-Koordinatensystem als Zeitintegral der Gegen-EMK-Spannungen berechnet:

(10)      

Um eine Drift der berechneten Flussverkettungskomponenten zu vermeiden, muss für jede elektrische Periode (Zyklus) eine Versatzkorrektur durchgeführt werden. Nachdem die Komponenten (a,b) berechnet sind, lassen sich die Komponenten (d,q) ohne weiteres mit den Rotationstransformationen berechnen; der Betrag der Flussverkettung wird ebenfalls berechnet.

(11)      

Darin ist  die elektrische Position, die aus der gemessenen mechanischen Position, der Anzahl der Polpaare und einem Versatz, der bekannt sein muss, berechnet wird.

Da die Komponenten der Ständerflussverkettung mit dem Istwert der Motorspannung und einem sehr guten Ständerwiderstand berechnet werden, wird angenommen, dass die Genauigkeit dieser Berechnung sehr gut ist. In diesem Fall kann die Bahnkurve des Ständerflussvektors in der (d,q)-Ebene mit einer sehr guten Genauigkeit ermittelt und mit den Ergebnissen aus dem magnetischen Modell verglichen werden.

(B) (d,q)-Ständerströme und Spannungen

Die Spannungs- und Stromkomponenten im läuferbezogenen (d,q)-Koordinatensystem werden aus den Komponenten (α,β) mithilfe der direkten Rotationstransformation (8) berechnet, die auch für die Flüsse verwendet wird. Da sich die PWM-Welligkeit auf die (d,q)-Spannungskomponenten auswirkt, werden ihre Mittelwerte für jeden elektrischen Zyklus sowie auch für eine ganzzahlige Anzahl mechanischer Umdrehungen bestimmt.

Die Bahnkurven des Ständerstromvektors in der (d,q)-Ebene sind nützlich bei der Überprüfung der MTPA-Bahn (Maximum Torque per Ampere) unterhalb der Basisdrehzahl.

(C) Abschätzung des elektromagnetischen Drehmoments

Das elektromagnetische oder (Luftspalt-) Drehmoment kann vom GEN3i berechnet werden als

(12)      

Dieses elektromagnetische Drehmoment wird mit den Flusskomponenten berechnet, die anhand der Abtastung der Istwerte der PWM-Spannungen des Motors und mit einem Ständerwiderstand bewertet wurden, der die gemessene mittlere Ständertemperatur berücksichtigt. Dieses Drehmoment kann daher als die beste Schätzung des Drehmoments definiert werden.

Der GEN3i speichert das elektromagnetische Drehmoment als Mittelwert, der über eine ganzzahlige Anzahl mechanischer Umdrehungen berechnet wurde.


Experimentelle Ergebnisse

Das oben beschriebene Verfahren wurde für einen PM-unterstützten synchronen Reluktanzmotor mit folgenden Bemessungsparametern angewendet: Bemessungsspannung (Außenleiter) 310 Veff, Bemessungsstrom 17 Aeff, Bemessungsmoment 22 Nm, Bemessungsdrehzahl 3250 U/min, 4 Pole. Die Definition des rotierenden (d,q)-Koordinatensystems arbeitet mit dem Ansatz, der für synchrone Reluktanzmaschinen verwendet wird, wie in Abb. 9 gezeigt. Die d-Achse entspricht der minimalen Reluktanz, die q-Achse entspricht dagegen der maximalen Reluktanz. Der Vektor für die Flussverkettung der Magnete ist an der negativen q-Achse ausgerichtet.

Während des Prüfverfahrens wird die Drehzahl in Schritten von 500 U/min (15 Drehzahlpunkte) zwischen 500 U/min und 7500 U/min geändert, während das Drehmoment in Schritten von 2 Nm (20 Prüfpunkte) zwischen null und 38 Nm geändert wird. Daraus ergibt sich das Raster der Arbeitspunkte in der Drehmoment-Drehzahl-Ebene des MUT (Abb. 7) mit 300 Prüfpunkten.

Der Wechselrichter, über den der MUT gespeist wird, ist ein IGBT-Standardwechselrichter, dessen Schaltfrequenz auf 10 kHz eingestellt wurde. Der Wechselrichter wurde mit einer konstanten Gleichspannung von 350 V DC versorgt, die von einer Gleichspannungsquelle bereitgestellt wurde.

Die erhaltenen Ergebnisse werden in den nächsten Unterabschnitten ausführlich beschrieben.

(A) Drehmoment-Drehzahl- und Leistung-Drehzahl-Kennfelder

Das gemessene Drehmoment-Drehzahl-Kennfeld ist in Abb. 10 dargestellt und zeigt die Drehmomentfähigkeit des MUT. Die Kennfelder von elektrischer Eingangsleistung und mechanischer Ausgangsleistung über der Drehzahl sind in Abb. 11 veranschaulicht. Im Betrieb mit hoher Drehzahl ist die elektrische Eingangsleistung nahezu konstant, während die mechanische Ausgangsleistung leicht abnimmt. Diese Abbildung ermöglicht es, den Drehzahlbereich mit konstanter Leistung für die vorgegebene angestrebte Ausgangsleistung zu definieren. Aus Abb. 11 wird ersichtlich, dass der Drehzahlbereich mit konstanter Leistung bei ungefähr 1:3 liegt.

In Abb. 12 werden der Effektivwert des Phasenstroms, das gemessene Drehmoment, die Gesamt-Flussverkettung und der Spitzenwert der Phasenspannung für die gesamte Prüfung dargestellt. Abb. 12 ist insofern sehr nützlich, als sie zeigt, dass der Gesamt-Phasenstrom während der gesamten Prüfung begrenzt ist. Außerdem ist auch klar zu sehen, wie die Phasenspannung bei einer Abschwächung des Flusses ebenfalls begrenzt wird und der Fluss mit steigender Drehzahl immer geringer wird.

(B) Wirkungsgrad- und Verlustkennfelder

Abb. 13 zeigt das Wirkungsgradkennfeld des MUT, während das Verlustkennfeld in Abb. 14 dargestellt ist. Das Wirkungsgradkennfeld ist von größter Bedeutung für die Bewertung des Wirkungsgrads eines Motors über den gesamten Drehmoment-Drehzahl-Bereich. Sofern erforderlich, kann der GEN3i die Eingangs-Gleichspannung des Wechselrichters und dementsprechend das Wirkungsgradkennfeld des Wechselrichters messen, und daraus kann das Wirkungsgradkennfeld des Antriebs abgeleitet werden.

Abb. 15 zeigt das Kupferverlustkennfeld, während Abb. 16 das Kennfeld der Eisen- und mechanischen Verluste enthält.

Die zeitbezogenen Veränderungen der verschiedenen MUT-Verluste (Kupferverlust sowie Eisen- und mechanischer Verlust) entlang ihrer Summe (welche die Gesamtverluste darstellt) sind in Abb. 17 gezeigt. Dieses Ergebnis ist sehr interessant, da es deutlich macht, dass bis 3500 U/min (Prüfpunkt) die Kupferverluste vorherrschen, während oberhalb dieser Drehzahl die Eisen- und mechanischen Verluste bedeutender werden und bei 7000 U/min schließlich gleich hoch wie die Kupferverluste sind. Dieses Ergebnis deckt sich vollkommen mit den einzelnen Verlustkennfeldern in Abb. 15 und Abb. 16.

(C) Bahnkurven von (d,q)-Variablen

Die Untersuchung der (d,q)-Variablen ermöglicht eine eingehende Überprüfung der Maschinensteuerung. Anhand der gemessenen Läuferposition kann der GEN3i ohne weiteres die (d,q)-Größen (Ströme, Spannungen, Flussverkettungen) ermitteln, um die Bahnkurven der zugehörigen Vektoren im (d,q)-Koordinatensystem während der Prüfung zu zeichnen. Abb. 18 zeigt beispielsweise die Bahnkurve des Stromvektors während der Prüfung, Abb. 19 enthält dagegen die Bahnkurve des Flussverkettungsvektors während der Prüfung. Bei niedriger Drehzahl folgen sowohl der Stromvektor als auch der Flussvektor einer Bahnkurve (dicke schwarze Linie), die dem Betrieb mit maximalem Drehmoment pro Ampere (Maximum Torque per Ampere, MTPA) entspricht. Wenn sich der Fluss abschwächt, verlassen der Stromvektor und der Flussvektor ihre optimalen MTPA-Bahnkurven und nähern sich der q-Achse an. Der Stromvektor hält konstant die maximale Amplitude, da der Strom begrenzt wird, wohingegen sich die Amplitude des Ständerflussvektors verringert, wie dies bei einem Betrieb mit Flussabschwächung der Fall sein sollte.

Anhand der Ergebnisse aus Abb. 18 lässt sich überprüfen, ob der gemessene Stromvektor unterhalb der Basisdrehzahl tatsächlich der MTPA-Bahnkurve folgt, damit das vom MUT erzeugte Drehmoment optimal ausgenutzt wird.


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