Kraftmessringe für Produktion, Test und Überwachung Kraftmessringe für Produktion, Test und Überwachung | HBM

Kraftmessringe für Produktion, Test und Überwachung

Hohe Kräfte, hohe Anforderungen an die Robustheit der Messmittel oder schlicht die Forderung nach geringer Bauhöhe und einfacher Integration bei begrenztem Budget – es gibt viele Gründe Kraftsensoren in Ringform zu verwenden. Die vielfältigen Einsatzbereiche erstrecken sich von der Kraftüberwachung in nahezu unzählbaren industriellen Anwendungen, wie dem Crimpen, Fügen, Pressen oder Nieten bis hin zum Langzeitmonitoring von Schraubverbindungen, sei es an Windkraftanlegen oder auch an Schienen.

So vielfältig wie die Messaufgaben sind daher auch die Anforderungen an die Kraftmessringe:

  • Geringe Ansprechschwelle, um auch kleinste Kräfte messen zu können und sehr gute Empfindlichkeit
  • Robuste Ausführung bei kompakten Abmessungen
  • Zu gängigen Schrauben- und Bolzendurchmessern passende Größen
  • Driftfreie Qualität beim Einsatz für Überwachungsaufgaben, wie beispielsweise bei Anwendungen in der Schraubüberwachung
  • Sehr geringer Wiederholfehler nach Montage und Kalibrierung

Nach dem derzeitigen Stand der Technik können alle Anforderungen nicht mit einem physikalischen Messprinzip erfüllt werden. Aus diesem Grund haben sich sowohl Lösungen auf Basis von Dehnungsmesstreifen als auch piezoelektrische Kraftmessringe durchgesetzt.

Physikalische Prinzipien

Messringe auf Basis von Dehnungsmessstreifen

Messringe auf Basis von Dehnungsmessstreifen bestehen aus einem ringförmigen Federkörper, auf den DMS aufgeklebt sind. Wie bei DMS-Aufnehmern üblich, sorgt die einwirkende Kraft für eine Verformung des Federkörpers. Es entsteht eine Dehnung, die die Dehnungsmesstreifen in eine Widerstandsänderung umsetzen. Die DMS werden zu einer Wheatstone´schen Brückenschaltung verschaltet, so dass – sofern der Messring mit einer elektrischen Spannung versorgt wird – eine messbare elektrische Spannung entsteht, die proportional zur eingeleiteten Kraft ist.

Der Sensorkonstrukteur achtet bei der Auswahl der Dehnungsmessstreifen auf eine möglichst große Winkelabdeckung, damit der Ring über die gesamte Fläche eine gleichmäßige Empfindlichkeit aufweist. Neuere Serien, so beispielsweise der KMR+ von HBM, sind zudem hermetisch dicht verschweißt. Dadurch sind die Sensoren auch unter ungünstigen Bedingungen, wie dem Außeneinsatz an Bauwerken, im Schienenbett oder an Windkraftanlagen, langfristig einsetzbar. Die DMS-Technologie bietet den entscheidenden Vorteil, dass die Sensoren praktisch driftfrei sind. Das stellt wiederum einen unschätzbaren Vorteil für zahllose Überwachungsaufgaben (z.B. die Überwachung von Schraubverbindungen oder von Seilspannung) dar, da die Sensoren ohne zwischenzeitliches Nullsetzen oder einen Resetvorgang langfristig richtig messen.

 

Piezoelektrische Kraftmessringe

Piezoelektrische Kraftmessringe bestehen aus zwei kristallinen Scheiben aus piezoelektrischem Material, wofür häufig Quarz eingesetzt wird (türkis). Zwischen diesen Kristallscheiben ist eine Elektrode (rot) montiert. Die andere Seite des jeweiligen Kristalls ist mit dem Gehäuse (gelb und grün) des Messringes verbunden.

Bei Belastung mit einer Kraft entstehen bei diesen Sensoren Ladungen (piezoelektrischer Effekt), die mittels eines speziellen Koaxialkabels, einem so genannten Ladungskabel, zu einem Ladungsverstärker geführt werden, wo sie dann in ein messbares Spannungssignal gewandelt werden. Verkleinert oder vergrößert man die man die Fläche der Kristalle, so ändert sich die Empfindlichkeit nicht – Ein wesentlicher Unterschied zu den Sensoren, die auf Basis von Dehnungsmessstreifen arbeiten, bei denen die Empfindlichkeit von der Nennkraft abhängt.

Die Empfindlichkeit von piezoelektrischen Sensoren ist also unabhängig von der Größe des Aufnehmers und damit auch von der Nennkraft. Man kann folglich einen beliebigen Sensor wählen, um auch kleinste Kräfte zu messen. Das bedeutet, dass sich größere Freiheiten für andere Parameter ergeben, wie beispielsweise hohe Überlastfähigkeit oder geometrische Anforderungen.
Es kommen weitere Vorteile hinzu: Die Ansprechschwelle ist kleiner, wodurch sich ein sehr weiter Messbereich ergibt. Zudem ist der Sensor über die gesamte Lasteinleitungsfläche gleich empfindlich. Auf der anderen Seite stehen hohe Anforderungen an den elektrischen Anschluss, da sehr hohe Isolationswiderstände erforderlich sind. Auch wenn Messungen bis in den Bereich von Newton möglich sind und HBM-Komponenten außergewöhnlich driftarm sind, weisen alle piezoelektrischen Sensoren Drift auf, so dass man keine langfristigen Überwachungsaufgaben mit dieser Technik realisieren kann.

Ladungen lassen sich kurzschließen, somit ist es möglich, durch einen Reset den elektrischen Ausgang des piezoelektrischen Sensors auf Null zu setzen. Vorteil ist, dass es möglich ist, auch dann sehr kleine Kräfte sicher zu erfassen, wenn die bereits einwirkende Kraft sehr groß ist: Es ist kein Problem 10 N mit einem piezoelektrischen Sensor zu messen, dessen Vorlast mehrere kN beträgt, wenn zuvor ein Reset durchgeführt wurde

Welche Technologie sollte ich wann einsetzen?

Dehnungsmessstreifentechnologie und piezoelektrische Sensoren ergänzen sich perfekt. Im Folgenden einige Messaufgaben und die jeweils vorzuziehende Technologie:

VERWENDUNGSZWECK/ANFORDERUNGENEMPFOHLENE LÖSUNG
Messbereich über mehrere Zehnerpotenzen erforderlichPiezoelektrische Sensoren CFW oder CLP
Monitoringaufgaben über lange ZeiträumeKMR+
Prozesskontrolle bei Fügeprozessen, Pressen u.Ä.Beide Messprinzipien einsetzbar
Einsatz unter extremen Bedingungen, hoher FeuchteKMR+
Verwendung ohne VorspannungKMR+
Extrem hohe Überlastfähigkeit notwendigPiezoelektrische Sensoren CFW oder CLP (Einen größeren Sensor wählen)
Messungen kleinster Kräfte unter hoher VorlastPiezoelektrische Sensoren CFW oder CLP
Schnelle KraftmessungenBeide Messprinzipien einsetzbar

Tipps und Know-How zur Anwendung

Kleiner Messweg, Voraussetzung für schnelle Kraftmessungen

Alle Messringe weisen einen geringen Messweg auf. Das ist ein Vorteil, da die Steifigkeit eines Kraftaufnehmers sich durch die Division der Nennkraft durch den Messweg berechnen lässt: Geringer Messweg bedeutet also hohe Steifigkeit, daraus folgt wiederum eine hohe Grundresonanzfrequenz des Aufbaus. Da die maximale Messfrequenz des Sensors von der Grundresonanzfrequenz des Gesamtsystems abhängt, bedeutet der geringe Messweg letztlich, dass die Sensoren auch für sehr schnelle Messungen geeignet sind.

Kräfte gleichmäßig auf den Messring verteilen: Geeignete Kontaktflächen, Lasteinleitungsscheiben

Der kleine Messweg bedeutet zugleich, dass der Aufnehmer gleichmäßig auf der gesamten Sensorfläche belastet werden muss, um Überlastungen in einzelnen Bereichen zu vermeiden. Das gilt für beide Sensorprinzipien. Die Kontaktflächen zum Sensor sollten dementsprechend idealerweise so geschliffen sein, dass sie eben sind. Eine Härte von 40 HRC ist ebenfalls gefordert.

Der KMR+ deckt einen sehr großen Winkelbereich mit DMS ab. Es liegen Lasteinleitungsscheiben bei, um die einzuleitende Kraft gleichmäßig auf den Messring zu verteilen und so das Verhalten des Sensors zu verbessern. Wiederholgenauigkeitsabweichung und Biegemomentempfindlichkeit minimieren sich damit beträchtlich bei gleichzeitig sinkenden Anforderungen an die Kontaktstellen der anschließenden Bauteile.

Piezoelektrische Messringe: Vorspannen unbedingt erforderlich

Piezoelektrische Kraftmessringe müssen unbedingt vorgespannt werden. In der Regel wird hierzu eine Schraube verwendet; Es ist die Festigkeitsklasse 10.9 oder 12.9 notwendig. Die Vorspannung ist wichtig, um die Komponenten des piezoelektrischen Messringes, also Kristalle, Elektrode und Gehäuse auf einander zu pressen:

  • Damit die Ladung richtig abgeführt werden kann, wenn die Kristalle sicher auf dem Gehäuse und der Elektrode aufliegen.
  • Damit der Kontakt zwischen den Komponenten auch bei auftretenden Biegemomenten gewährleistet ist. Keineswegs darf ein Biegemoment aufgebracht werden, das den piezoelektrischen Messring auf einer Seite komplett entlastet.

 

Wie aus der Abbildung zu entnehmen, ist das zulässige Biegemoment bei piezoelektrischen Kraftmessringen von der Belastung abhängig: Das höchste Biegemoment kann aufgebracht werden, wenn die Summe aus Vorspannkraft und zu messender Kraft genau 50 % der Nennkraft beträgt. Beispiel: Sie setzen einen CFW/330KN ein, die zu messende Kraft eines Prozesses ist in etwa 95 kN. Dann ist die optimale Vorspannkraft 70 kN, da die Summe aus 70 kN und 95 KN 165 kN entspricht, also genau der halben Nennkraft des Messringes.

Vorspannung, Änderung der Empfindlichkeit

Wenn die Kraftmessringe mit einer Schraube oder einem Bolzen vorgespannt montiert werden, wie unten in der Abbildung gezeigt, wirkt neben der zu messenden Kraft F auch die Vorspannkraft der Schraube auf dem Messring. Der Messring arbeitet folglich im Kraftnebenschluss.

Wird das Konstrukt mit einer Kraft belastet, entsteht eine sehr kleine Verformung. Diese führt dazu, dass die Schraube geringfügig entlastet wird und die Vorspannung sinkt. Somit ist die Messtelle unempfindlicher als der Ring ohne Vorspannung. Der Kraftmessring muss eingemessen werden, wenn quantitative Messwerte gewünscht sind. Qualitative Messungen (vergleichende Messungen) lassen sich natürlich auch ohne Einmessen (Kalibrieren) ermitteln.

Einmessvorgang

Kalibrieren bedeutet der Vergleich mit einer bekannten Größe. Kraftmessringe lassen sich in der Anwendung einmessen, indem man eine Kraftmessdose mit dem montierten Messring in Reihe platziert, z.B. in dem man das Werkzeug durch eine Kraftmessdose tauscht. Es besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, Maschinenelemente, die den Messring enthalten, zur Kalibrierung einzuschicken. In diesem Fall muss zuvor geklärt werden, ob sich der Aufbau in eine Kalibriermaschine einbauen lässt. In der Regel ist das Einmessen des montierten Sensors mittels einer kalibrierten Kraftmessdose der einfachere Weg.

Wird ein Sensor mit einem Dakks-Kalibrierschein verwendet, lassen sich Kraftmessringe in der Praxis auch rückführbar metrologisch anschließen, wie es in zahlreichen Qualitätsnormen gefordert wird.

Sonderbauformen

Oft ist ein anderer Durchmesser für einen Kraftmessring gewünscht, oder es ist für den jeweiligen Durchmesser eine andere Nennkraft erforderlich. Sonderbauformen sind auch bei kleineren Stückzahlen generell möglich und bieten bei OEM-Anwendungen oft eine sinnvolle und platzsparende Alternative zur konventionellen Kraftmessdose.