DMS-Installation auf faserverstärkten Kunststoffen DMS-Installation auf faserverstärkten Kunststoffen | HBM

Einführung Faserverbundwerkstoffe

Was sind Komposite?

Komposite oder Faserverbundwerkstoffe bestehen aus mindestens zwei makroskopisch differenzierbaren Materialien, die miteinander verbunden sind, mit dem grundsätzlichen Ziel Werkstoffeigenschaften zu verbessern.  Üblicherweise wird eine Faserstruktur mit einem Harz (Matrixwerkstoff) vergossen und anschließend ausgehärtet.

Fasern und Faserbündel werden hierzu zu einem Textil verarbeitet, wobei die Verfahren zur Verarbeitung von Fasern zu Textilien größtenteils aus der Textilindustrie stammen und ein Großteil der in diesem Bereich verwendeten Terminologie auch im Zusammenhang mit der Verarbeitung von Verstärkungsfasern zu Textil verwendet wird. Die Fasern bestimmen die Festigkeit und Steifigkeit des Verbundstoffs. Ein Material, in das gerichtete Fasern integriert sind, kann in Faserrichtung viel stärker sein als das Material ohne Fasern. Senkrecht zur Faserrichtung ist die Steifigkeitszunahme weniger ausgeprägt. Die Festigkeit in dieser Richtung ist geringer, da die Fasern als Spannungskonzentratoren wirken. In der Praxis werden Fasern oft in verschiedene Richtungen eingebaut.

Hierbei gibt es unzählige Ausprägungen*:

          

       Unidirektionale Fasern                      Bidirektionale Fasern                           Kurzfasern

Folgende Grafik zeigt schematisch, welchen Anteil an der Festigkeit eines Verbundwerkstoffs die Faser hat:

*Nanokomposite: Die Faserverstärkung erfolgt mit kleinen Fasern auf der "Nanoskala" .


Aus welchen Werkstoffen bestehen Komposite?

Als Fasern dienen üblicherweise z.B.:

  • Glasfasern (GFK)
  • Kohlefasern (CFK)
  • Aramidfasern (AFK)
  • Keramik-Fasern
  • Polymerfasern
  • Mineralfasern
  • Naturfasern (NFK)

Als Harze dienen beispielsweise Epoxidharz, Polyesterharz, Polyurethanharz.

Wer setzt Kompositwerkstoffe ein?

  • Luft- und Raumfahrt (Rumpf, Antriebskomponenten, Aerodynamische Bauteile, ...)
  • Automotive (Fahrwerkkomponenten, aerodynamische Komponenten)
  • Große Fahrzeugkarosserien (Züge, LKWs, Busse)
  • Marine (Rumpfstrukturen)
  • Windkraftanlagen (Rotorblätter)
  • Sportartikel
  • Infrastruktur und Gebäude (Reparatur von Gebäuden, GFK-Brücken)
  • Medizintechnik (menschliche Prothesen, Röntgentische)

Warum Komposite eingesetzt werden?

  • Überragendes Verhältnis von Festigkeit zu Gewicht und verbesserte Kraftstoffeffizienz realisierbar
  • Hohe Belastbarkeit und elastische Biegungseigenschaften
  • Freie Formbarkeit von Materialien (Festigkeit, Steifigkeit, thermische, elektrische Widerstände, Form, Funktion)
  • Temperaturbeständig
  • Chemisch beständig
  • Hohe Korrosionsbeständigkeit

Warum Dehnungsmessungen an Kompositwerkstoffen durchgeführt werden müssen

Die Charakterisierung von Kompositwerkstoffen und -strukturen ist äußerst wichtig, um die Betriebsfestigkeit im späteren Einsatz garantieren zu können. Hierzu werden verschiedene Tests durchgeführt. Es ist hierfür entscheidend, die Verformung von Komponenten zu erfassen. Dehnungen im Material sind ausschlaggebend für Schädigungswirkung und Betriebsfestigkeit.

  1. Ermittlung von Betriebsfestigkeitsparametern an Komponenten/Strukturen am Prüfstand oder im mobilen Einsatz.
  2. Ermittlung von Materialeigenschaften an genormten Proben. Es existiert eine Vielzahl an verschiedenen Teststandards für Kompositmaterialien, bei denen Dehnungsmessstreifen eingesetzt werden. Typische Tests sind beispielsweise:
  • Biegeversuche (3 -Punkt, 4 -Punkt)
  • Zugversuche
  • Scherversuche (Zwischenlaminar)
  • Lap shear (adhesive test)
  • Open hole/Filled hole
  • Compression after Impact
  • Druckversuche
  • Kerbdruckversuche
  • Lochleibungsversuche

Herausforderungen beim Testen von Kompositen

Berechnen des strukturellen Verhaltens -> Ausgefeilte Methoden / Werkzeuge erforderlich. Die mechanischen Eigenschaften sind richtungsabhängig (Festigkeit, E-Modul, Poisson- Zahl,…)  und viele Faserverbundstoffe verhalten sich im gegensätzlich zu metallischen Materialien: Die Materialien haben unterschiedliche Steifigkeitseigenschaften in verschiedenen Richtungen (Orthotrophie).

Bisherige Berechnungsansätze für diese Werkstoffe sind nur sehr fallbezogen anwendbar (z.B. Tsai Wu). Eine universelle Berechnungsmethode und Richtlinien für Bauteile ähnlich der FKM-Richtlinie für metallische Bauteile gibt es nicht.  Da es sich um Schichtstrukturen handelt, gilt dies auch für die Verwendung von quasi-isotropen Laminaten. Viele Methoden wurden bereits entwickelt, um Berechnungen an Verbundwerkstoffen durchzuführen.

Ein weitere Herausforderung sind die Umrechnung des Dehnungssignals auf eine mechanische Spannung.

 

  • Schädigungs-/Versagensmechanismen sind komplex

    • Zwischenfaserbruch

    • Delamination

    • Risse verlaufen parallel zu den Fasern

  • Fertigungstoleranzen grundsätzlich schwieriger zu kontrollieren

    • Faserausrichtungen

    • Matrixversetzungen 

    • Zwischenfaserverbünde  

    • Harznester

    • Fremdkörper

    • Porositäten

    • Chargenschwankungen

  • Teurer als konventionelle Metallwerkstoffe

  • Temperaturempfindlichkeit

  • UV-lichtempfindlich

  • Schwer zu recyceln

  • Hohe Investitionskosten (Produktion)

  • Zusätzlich muss das thermoelastische Verhalten berücksichtigt werden:

  • Reduzierte Wärmeleitfähigkeit: Die Wärmeleitfähigkeit von Verbundwerkstoffen ist im Vergleich zu herkömmlichen Metallen geringer
  • Unterschiede in der Restspannung des Wärmekoeffizienten (z. B. Hybridstrukturen) und anisotropes Materialverhalten

Welche Dehnungsmessstreifen empfiehlt HBM zur Messung auf Kompositen?

Das hängt vom Testfall ab:

  • Für statische, hohe Dehnungen and Coupon- Tests empfehlen wir die Y-Serie (max. 5% Dehnung)
  • Für Wechsellasttests empfehlen wir die M-Serie (max. 1% Dehnung)

Für Komposite, auf denen typische Löttemperaturen kritisch sind, empfehlen wir unsere vorverkabelten Y-DMS.

Einige DMS für Kompositwerkstoffe sind direkt ab Lager verfügbar:

  • Lineare DMS werden häufig für Struktur- und Probentests eingesetzt

  • T- Rosetten werden z.B. genutzt um die Poissionzahl zu ermitteln

  • 3-Messgitter-Rosetten werden auch eingesetzt - allerdings nur bei homogenen Werkstoffen sinnvoll zur Ermittlung von Hauptdehnungs- und -spannungsrichtungen

Wahl der Messgitterlänge

Ein Dehnungsmessstreifen integriert die Dehnung unterhalb der Fläche und es wird eine mittlere Dehnung gemessen.

Es hängt vom Prüfziel ab, welche Messgitterlänge die richtige ist. Populär für Dehnungsmessungen auf Kompositen sind Gitterlängen von 6 mm und 10 mm.

Für die Auswahl der DMS gilt im Prinzip die gleiche Regel, wie bei Beton: Die Länge des DMS sollte den Abstand der Fasern mindestens um den Faktor 5 übertreffen. Die Breite des DMS sollte ebenfalls mehrere Fasern überbrücken.

Lokale Dehnungsspitzen können aufgrund von Materialinhomogenitäten auftreten. Hier können Ketten-DMS zur Ermittlung des Dehnungsverlaufs eingesetzt werden

Die Spannungsspitzen zwischen den Fasern sind oft um ein Vielfaches höher, als die mittlere Dehnung. Dies hat zur Folge, dass der DMS punktuell überlastet werden kann, seine maximale Dehnbarkeit also erreicht bzw. überschritten wird, obwohl am Messverstärker eine weitaus geringere Dehnung angezeigt wird. Es besteht also die Gefahr, dass der DMS vereinzelt überlastet (dauerhaft beschädigt) wird, oder die gesamte Applikation versagen kann. Tritt dieses Problem auf, kann der Einsatz einer dünnen Polyimide-Folie zwischen dem DMS und dem Werkstück sinnvoll sein. Diese Folie wird zwischen Bauteil und DMS geklebt und wirkt vorintegrierend, d.h. sie „verteilt“ die Spannungsspitzen unter dem DMS-Messgitter. Da sich höhere Schichtdicken ergeben, sollte die Folie nur eingesetzt werden, wenn hohe Dehnungen erwartet werden.

DMS-Widerstand

HBM empfiehlt die Verwendung von 1000-Ohm-DMS auf schlecht entwärmenden Werkstoffen. Alternativ sind 350-Ohm-DMS auch einsetzbar. Es sollte allerdings überprüft werden, ob es zu einem unzulässigen Temperaturanstieg am DMS bzw. auf dem Komposit kommt.

Speisespannung

Die Spannung an jedem DMS wird in Wärme gewandelt. Schlecht leitende Materialien wie Faserverbundwerkstoffe zeigen einen Aufheizvorgang des Sensors und des Bauteils auf der Oberfläche. Für eine stabile Messung muss sichergestellt werden, dass der Wärmestrom der eingebrachten Leistung  entspricht

P = Q

Folgende Darstellung zeigt den Aufheizvorgang eines 350-Ohm-DMS-Messgitters auf einem schlecht entwärmenden Material:

Wärme in der Messstelle s, auf Metallen ist dies einfach möglich, insbesondere auf Aluminium ist eine hohe Wärmeübertragung möglich. Verbundstoffe haben eine viel geringere Wärmeleitfähigkeit.

Starten Sie eine Messung auf Kompositen nur nach einer gewissen Aufwärmphase, wenn ein stabilisierter Status des Messsystems erreicht ist.

Für Viertelbrückenanwendungen können bei 5 V Speisespannung folgende Werte angesetzt werden:

  • Bei 1000-Ohm-Messgeräten beträgt die Aufheizphase ca. 3-4 Minuten
  • Für 120/350 Ohm-Messgeräte beträgt die Aufheizphase ca. 5-6 Minuten

HBM empfiehlt, bei schlecht entwärmenden Materialen wie Kompositen eine niedrige Speisespannung < 2,5 V zu verwenden. Höhere Speisespannungen führen zu einer signifikanten, konstanten Erwärmung des Dehnungsmessstreifens. Diese Wärme staut sich ggf. im Material. Folgende Grafik zeigt den Unterschied zwischen 0,5, 2,5, 5 und 10 V Speisespannung (DC) an einem 350 -Ohm -DMS-Gitter:

Empfehlung für Verbundwerkstoffe (Erfahrungswerte):

  • 0,5 V für schlecht leitende Materialien bei schlechter Entwärmung

  • 1 V - 2,5 V für übliche Tests auf Kompositen

Wahl der Temperaturganganpassung in Viertelbrückenanwendungen

In Viertelbrückenanwendungen wird durchTemperaturschwankungen im Verlauf längerer Messungen eine optimale Selbstkompensation des Dehnungsmessstreifens erforderlich. Hierbei sollte die Selbstkompensation des DMS bestmöglich mit dem thermischen Ausdehnungskoeffizienten übereinstimmen, um thermisch bedingte Dehnungssignale zu minimieren.

Zu Bedenken ist allerdings, dass aufgrund von Fertigungstoleranzen (Faserwicklung, Lagenherstellung, Faserorientierung, Herstellungsart (automatisiert oder manuell)) auch die Eigenschaften des Werkstoffs unterschiedlich sein können und somit unter Umständen nur eine Annäherung der Selbstkompensation erreicht werden kann, je nach Faserverbundwerkstoff.

Allgemein ist die Empfehlung, mit Dehnungsmessstreifen mit der Kennziffer 6 auf Kompositen zu messen ( 0,5 · 10-6/K). Einzelfälle können je nach Material abweichen:

Oberflächenreinigung von Kompositwerkstoffen

  • Vorsicht ist bei der Behandlung von Kunststoffen mit Lösungsmitteln geboten, weil durch deren Angriffe Quellungen oder Spannungskorrosionen auftreten können (z.B. Aceton ist kritisch). Es besteht das Risiko der Feuchtigkeitsausdehnung oder Spannungskorrosion.
  • Als weitgehend unbedenklich, insbesondere im Hinblick auf die kurze Kontaktzeit, können Reinbenzin und Isopropylalkohol angesehen werden
  • In kritischen Fällen sollte immer ein Vorversuch gemacht werden, weil bei der ungeheuer großen Zahl modifizierter Kunststoffe eine eindeutige Vorhersage nicht möglich ist. Dies gilt auch für den Einsatz des Reinigungsmittels RMS1.
  • Für die Reinigung der Oberfläche sollte wenn möglich kein Lösungsmittel verwendet werden. Alternative Reinigungsmittel wären:
    • Entionisiertes Wasser
    • Petrolether
    • Seife

Oberflächenaufrauung

  • Folgende Messstellenvorbereitung ist empfehlenswert: Aufrauen mit Schmirgelleinen (Körnung 400), anschließend mit / in seifenhaltigem Wasser reinigen und anschließend gut mit Wasser (ideal: entionisiertes Wasser) spülen.
  • Das Trennmittel und das Epoxidfüllmaterial müssen entfernt werden (Körnung 400)
  • Oberfläche leicht anrauen, um die Funktion zu aktivieren (Bindungseigenschaften auf der Oberfläche verbessern)
  • Plasmaaktivierung der Oberfläche optional auch möglich zur Verbesserung der Klebeeigenschaften

Achtung: Es darf keine Beschädigung der unteren Schichtfasern durch zu tiefes Anrauen erfolgen!

Klebstoffauswahl und Klebeprozess

Für die Installation von Dehnungsmessstreifen eignen sich alle kalthärtenden Kleber des HBM-Programms.

  • Z70 für glatte Oberflächen
  • X60 für rauhe Kompositoberflächen
  • X280 für hohe Temperaturen (Achtung: Nachhärtung unter Temperatur empfohlen, siehe Anleitung)

 

Bei gerichteten Fasern ist die Ausrichtung des DMS sehr wichtig aufgrund des orthotropen Materialverhaltens:

Eine exakte Ausrichtung auf dem Material sollte daher insbesondere beachtet werden:

Fixierter DMS der Y-Serie vor dem Kleben:

Dehnungsmessstreifen vom Typ 1-LY41-6-350 mit X60 auf einem CFK-Material fachgerecht installiert: